Tularämie – Synonym Hasenpest oder Nagerpest

In unregelmäßigen Abständen erschienen in der bayerischen Presse Berichte zur Tularämie bei Feldhasen. Meist wurden verendet aufgefundene Feldhasen zur Untersuchung eingesandt und anschließend der Anfangsverdacht auf das Vorliegen von Tularämie bestätigt.

Bei dem Infektionserreger handelt es sich um das Bakterium Francisella tularensis, das überwiegend bei freilebenden Nagetieren und Hasenartigen vorkommt. Die Tularämie ist keine ungewöhnliche, neuartige Erkrankung, sie kommt seit Jahrhunderten regelmäßig auf der nördlichen Halbkugel in der Wildhasen- und Wildnagerpopulation vor. Bei infizierten Tieren kommt es in der Regel in kürzester Zeit zu einer fieberhaften Allgemeininfektion, die mit Abmagerung, Schwäche und Apathie einhergeht. Nicht selten ist damit eine Veränderung des Fluchtverhaltens verbunden, die Tiere verlieren aufgrund von Entkräftung ihre natürliche Scheu, so dass derartig erkrankte Tiere auch von Hunden bzw. vom Jäger gegriffen werden können.

Feldhase Tularämie Milz (Bildquelle: Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit – LGL)

Generell sind bei Tieren milde Formen mit lokaler Lymphknotenschwellung genauso möglich wie schwerwiegende, septikämische Verlaufsformen. Insbesondere bei Hasen, Kaninchen und Nagetieren sind seuchenhafte Verläufe mit hoher Sterblichkeit bekannt. Jedoch müssen bei „frischen“ Infektionen nicht sofort sichtbare Krankheitsanzeichen bzw. Organveränderungen vorliegen, dennoch ist der gefährliche Erreger da und kann zur Infektion z.B. bei kontakthabenden Menschen führen.

Übertragungswege auf den Menschen

Besondere Bedeutung kommt dem Tularämie-Bakterium insofern zu, da es sich um einen Zoonose-Erreger handelt, d.h. er kann vom Tier auf den Menschen übertragen werden. Die Übertragung auf Tiere oder den Menschen erfolgt meist durch direkten Kontakt mit kontaminierter Umgebung oder infizierten Tieren (z.B. über Haut- und Schleimhautkontakt oder Einatmen kontaminierter Stäube und Aerosole) sowie durch Verzehr ungenügend erhitzen Wildbrets. Die Tularämie-Erkrankung beim Menschen ist im Vergleich zu anderen Humaninfektionen ein seltenes Ereignis. Dass jedoch immer mal wieder Erkrankungsfälle beim Menschen vorkommen, zeigt das aktuelle Ereignis in der Oberpfalz. Hier haben sich mehrere Jäger auf einer gemeinsamen Treibjagd im Oktober 2018 sehr wahrscheinlich mit dem Erreger über den Kontakt mit einem infizierten Feldhasen angesteckt. Sie haben richtig gehandelt, in dem sie sich vermutlich bei Bemerken erster Symptome sofort in ärztliche Behandlung begeben hatten und die Ärzte auf den Umstand der Treibjagdteilnahme und Kontakt mit Hasen aufmerksam gemacht hatten.

Ohne antibiotische Behandlung kann die Sterblichkeit beim Menschen über 30% betragen. Um es nicht soweit kommen zu lassen, müssen vor allem in Gebieten mit häufigerem Auftreten von Francisella tularensis geeignete Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Verhaltensauffällige bzw. tote Tiere sollten nur mit Handschuhen angefasst werden, ein Abbalgen nur mit einem geeigneten Mundschutz erfolgen. Beim Menschen verläuft die Krankheit in Abhängigkeit vom Übertragungsweg sehr unterschiedlich. Bei Auftreten erster Krankheitsanzeichen, wie grippeähnliche Symptome, z.B. Fieber, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen, gefolgt von Lymphknotenschwellungen etc., ist umgehend ein Arzt zu konsultieren.

Infektionsrisiko vermindern

Beim Aufbrechen von Hasentieren ist unbedingt auf „bedenkliche Merkmale“ zu achten, und dies nicht nur aus Wildbret-Hygienegesichtspunkten. Wann immer „verdächtige“ Beobachtungen gemacht werden, erbringt schlussendlich erst eine eingeleitete Laboruntersuchung eine Diagnose!

Es muss darauf hingewiesen werden, dass ein gewisses Infektionsrisiko durch Tularämie vor allem für Jäger besteht, das aber durch die Anwendung und Einhaltung fleisch- und vor allem allgemeinhygienischer Grundsätze beim Umgang mit dem Wild auf der Jagd und in der Küche minimiert werden kann. Jäger sind angehalten, strikte Hygienemaßnahmen im Umgang mit Wildtieren einzuhalten und Wildbret vollständig durchzugaren.

Infektionen über unzureichend erhitzte Nahrungsmittel oder kontaminiertes Wasser sind genauso möglich wie über das Einatmen infektiöser Stäube oder durch Bissverletzungen.

Einen besonderen Infektionsweg konnte man 2016 in Rheinland-Pfalz beobachten, indem eine Tularämie-Infektion bei mehreren Menschen bestätigt wurde, nachdem sie Traubenmost konsumiert hatten. Man vermutete, dass ein infiziertes Tier über die Traubenernte in den Herstellungsprozess geraten ist und beim Verkosten zur Infektion der Personen geführt hat.

Vorbeugende Maßnahmen

  • Vermeidung von ungeschütztem Kontakt zu Wildtieren, insbesondere bei offensichtlich kranken Tieren
  • Vermeidung von ungeschütztem Kontakt zu Kadavern von Wildtieren
  • Einhalten der Arbeitshygiene beim Umgang mit erkrankten oder toten Wildtieren
  • Einhalten der Arbeits- und Küchenhygiene beim Umgang mit Wildbret während der Vorbereitung (Aufbrechen, Enthäuten) und der Zubereitung
  • Wildgerichte nur gut durchgegart verzehren

Erkrankungsfälle beim Menschen

Trotz des Vorkommens des Erregers in der deutschen Feldhasenpopulation sind nur wenige humane Erkrankungsfälle bekannt. Gemäß den Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI), Konsiliarlabor für Tularämie beim Menschen, wurden seit 2010 nachfolgend aufgeführte Fallzahlen humaner Tularämie-Infektionen gemeldet (siehe Tab. 2). Die Diagnose beim Menschen wird meist als klinische Verdachtsdiagnose mit dem Vorbericht „Kontakt zu Wildtieren“ gestellt. Der Antikörpernachweis aus dem Blut ist hier ein etabliertes Nachweisverfahren.

Hasenpest und Hunde

Da der Erreger auch durch saugende und stechende Insekten und auch Zecken übertragen werden kann, sollten auch hiergegen Schutzmaßnahmen ergriffen und auch der vierbeinige Jagdhelfer miteinbezogen werden.

Viele Tierarten sind bei weitem nicht so anfällig für die Hasenpest wie Hasenartige. Hunde zum Beispiel besitzen eine hohe natürliche, jedoch keine absolute Resistenz gegenüber Francisella tularensis und können nach einer Infektion mit dem Erreger Symptome entwickeln, die der Staupe ähneln. Eine schwere Symptomatik ist bei Hunden jedoch selten. Das Fressen von rohem Fleisch erkrankter Wildtiere oder auch die Aufnahme von Kaninchen- oder Nagerkadavern bergen ein Ansteckungsrisiko. Als Träger des Erregers, selbst ohne Symptome zu zeigen, könnten die Hunde theoretisch auch als Überträger in Frage kommen, jedoch fehlt es an eindeutigen wissenschaftlichen Beweisen.

Abschließend ist zu sagen, dass kein Anlass zur Hysterie, aber dennoch zur vernünftigen Vorsicht besteht.

Gesetzliche Grundlagen

Der Erregernachweis aus akuten menschlichen Erkrankungsfällen ist gemäß § 7 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes meldepflichtig.

Die Tularämie bei Hasen und Kaninchen wird gemäß der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten durch die Untersuchungseinrichtung dem zuständigen Veterinäramt gemeldet.

Weiterführende Informationen:

Hasenpest JiB 09-2014 Gangl

Merkblatt Tularaemie Stand 2013 Kreis Soest

Tularaemie Merkblatt für Jäger LUA-RPF

Tularämie RWJ 12-2016 Lutz