Aujeszkysche Krankheit

Die Aujeszkysche Krankheit (AK), auch Morbus Aujeszky oder kurz Aujeszky genannt, erscheint oft auch unter dem Synonym Pseudowut oder Juckpest bzw. Tollkrätze. Diese Benennung gibt schon einen Hinweis auf mögliche auftretende Symptome nach einer Infektion, die auch bei Tollwut in Erscheinung treten können: starker Juckreiz am ganzen Körper, ausgehend von den Ohren und der Nase. Neben einer Ruhelosigkeit und Aggressivität kommt es bei betroffenen Tieren durch diesen immensen Juckreiz regelrecht zur Selbstverstümmelung. Zusätzlich zu starkem Speicheln infolge von Schluckbeschwerden fallen erkrankte Tiere oft auch durch einen schwankenden Gang und Erbrechen sowie Durchfall auf. Im Endstadium der Krankheit treten schließlich neurologische Störungen, wie Lähmungen der Gliedmaßen oder Krämpfe und Muskelzuckungen auf.

Die AK ist eine in der Regel tödlich verlaufende Infektion des Hirnstammes mit einem Schweine-Herpesvirus (SHV-1). Zum Infektionsspektrum gehören fast alle Säugetiere, mit Ausnahme des Menschen, der Primaten und Pferdeartigen. Hauptwirt und Virusreservoir sind Schweineartige, wie Haus- und Wildschweine. Die AK verläuft bei allen anderen empfänglichen Tieren mit Ausnahme von Schweinen ausnahmslos tödlich.

Namensgeber für die Krankheit ist der ungarische Tierarzt Aladár Aujeszky, der den Erreger 1902 bei Schweinen entdeckte. Die AK kommt weltweit vor und ist eine der gefährlichsten viralen Schweineerkrankungen, die erhebliche ökonomische Schäden und Verluste in der Schweineproduktion verursachen kann.

Symptome beim Schwein

Die Krankheitssymptome bei Schweinen unterscheiden sich je nach Alter. Stark krankmachende (virulente) Stämme können auch bei erwachsenen Tieren schwere Krankheitssymptome verursachen.

Meist zeigen erwachsene Schweine aber nur milde respiratorische Erscheinungen mit anschließender Genesung. Dadurch kann ein ganzer Bestand unbemerkt und „stumm“ „durchseuchen“. Das Gleiche gilt für Wildschweine. Auch wenn Wildschweine selbst nur selten erkranken, beherbergen auch sie das Virus lebenslang, welches ähnlich wie ein Herpesvirus beim Menschen immer wieder „reaktiviert“ werden kann. Dadurch können die Tiere zu jeder Zeit als Virusausscheider fungieren.

Die Krankheit führt in Schweineproduktionsbetrieben zu großen Verlusten. Das geschieht einerseits durch erhöhte Ferkelsterblichkeit, andererseits durch die verminderten Tageszunahmen und den damit verbundenen verlängerten Mastperioden. Die Ansteckung erfolgt von Schwein zu Schwein oder indirekt durch nicht gereinigte Lastwagen, Futterlieferanten, „Besucher“, in seltenen Fällen auch über die Luft. Die häufigste Ansteckungsquelle sind zugekaufte „versteckt“ infizierte Zuchttiere (Ortswechsel = Stress = Reaktivierung) oder infizierte Mastferkel.

Rechtslage

Die Aujeszkysche Krankheit ist in Deutschland nach dem Tiergesundheitsgesetz bei Hausrindern und Hausschweinen anzeigepflichtig und wird in vielen Ländern staatlich bekämpft.

Impfungen gegen die Aujeszkysche Krankheit sowie Heilversuche sind verboten. Kommt es zu einem Ausbruch im Hausschweinebestand, so werden mindestens die seuchenkranken und seuchenverdächtigen Tiere getötet. Durch strikte nationale Bekämpfungsmaßnahmen konnte die AK in Deutschland bei Hausschweinen jedoch getilgt werden. Deutschland gilt seit 2003 als frei von der AK. Die Schweinebestände werden regelmäßig stichprobenartig untersucht (sogenanntes Monitoring).

Aujeszkysche Krankheit bei Wildschweinen

Allerdings treten seit einigen Jahren in Deutschland immer wieder Fälle von AK bei Wildschweinen auf. Bisher kam es noch nicht zu einer Einschleppung des Wildschweine-AK-Virus in unsere Hausschweinebestände. Jeglicher direkte und indirekte Kontakt zwischen Haus- und Wildschweinen muss jedoch konsequent vermieden werden. Dieses sollten insbesondere Jäger, die selbst Schweine halten oder Kontakt zu Hausschweinen haben, berücksichtigen und besondere Hygienevorschriften einhalten:

  • Nicht mit Jagdkleidung den Stall betreten,
  • kein Wildschwein im Stall aufbrechen
  • und besondere Vorsicht beim Zerwirken und bei der Entsorgung der nicht verwertbaren Reste walten lassen.

Im Vergleich zu anderen Herpesviren weist der Erreger eine hohe Überlebensfähigkeit in der Umwelt auf. So wird die Infektiosität durch die Fleischreifung nicht zerstört und in gepökeltem Fleisch bleibt das Virus bis zu 20 Tage infektiös. Auch in Urin, Mist und Boden überlebt der Erreger für einige Zeit.

Der Erreger kann durch Kontakt mit infizierten Schweinen oder mit kontaminierten Gegenständen sowie durch Lebensmittel in Schweinebestände gelangen. Infizierte Wildschweine sowie Teile dieser Tiere stellen eine Infektionsgefahr dar.

Aujeszy´sche Krankheit bei Hunden

Vor allem Fleischfresser, die Kontakt mit (Wild-)Schweinen haben oder rohes (Wild-)Schweinefleisch fressen, leben potentiell „gefährlich“. Jagdhunde und Hunde mit Freilauf in Wildschweingebieten sind besonders gefährdet. Der Kontakt mit Wildschweinen sollte daher ganz vermieden bzw. bei im Jagdeinsatz befindlichen Jagdhunden auf ein Minimum reduziert werden. Gestellte Stücke, die von Hunden gebunden werden, sind schnellstmöglich zu erlegen. Zusätzlich wird empfohlen, den Einsatz überscharfer oder anschneidender Hunde auf der Jagd zu hinterfragen.

In glücklicherweise nur sehr seltenen Fällen kommt es durch den direkten Kontakt des Hundes mit dem Wildschwein (Bissverletzungen auf beiden Seiten) oder indirekt über Ausscheidungen infizierter Wildschweine (vor allem Speichel und andere Se- bzw. Exkrete) zu einer Infektion des Hundes kommen, die innerhalb von wenigen Stunden bis Tagen den beschriebenen tödlichen Verlauf nimmt.

„Überwachung“ der Wildschwein-Populationen

Die Feststellung der Aujeszkyschen Krankheit (AK) bei Wildschweinen ist weder anzeige- noch meldepflichtig und wird daher aus rechtlicher Sicht, im Gegensatz zur Feststellung der AK bei Hausschweinen, nicht als Tierseuchenausbruch bewertet. Dennoch stellt das Vorkommen der Erkrankung eine potentielle Bedrohung für die Hausschweinebestände und Haustiere (besonders Hunde) dar. In Deutschland, auch im Bundesland Bayern, wird in Rahmen eines jährlich durchgeführten Monitorings stichprobenartig die Wildschwein-Population auf Antikörper gegen die Aujeszkysche Krankheit (serologisches Monitoring oder „Jagd-Monitoring“) untersucht.

Ein Antikörperfund bei einem Wildschwein bedeutet, dass sich das Tier mit dem AK-Virus „auseinandergesetzt“ hat und identifiziert es damit als (stillen) Virusträger.

Schwarzwild-Monitoring in Bayern

Im Rahmen der Monitoringuntersuchungen bei erlegten Wildschweinen (aktuelle Stichprobenzahl 59 Tiere pro Landkreis) wurde in Bayern von 2012 bis 2017 mehr als 20.000 Tiere untersucht. Wobei über die Jahre in Bayern eine Vorkommenshäufigkeit (sog. Prävalenz) von durchschnittlich 11 Prozent (seropositive Proben = Vorliegen von Antikörpern, bezogen auf die Gesamtzahl der untersuchten Proben) festgestellt wurde. Das bedeutet, dass bei gut einem Zehntel der untersuchten Tiere Antikörper gegen das AK-Virus detektiert wurden und die „Probenlieferanten“ damit als Virusträger identifiziert wurden.

Weiterführende Informationen

– Beitrag in der JiB: JiB 2_13 Aujeszky Gangl
– Dr. Thomas Müller, FLI, im Gespräch mit dem DJV zur Aujeszkyschen Krankheit, 2016: Interview mit Dr. Müller FLI 2016