Jagd ist Kulturgut und gelebte Tradition

Die Jagd als Kulturgut und als eines unserer ältesten Kulturgüter und als Teil einer Bayerischen Identität zu verkaufen ist gar nicht so einfach. Was hat die Jagd heute in unsere Gesellschaft vielerorts so sehr in Verruf gebracht, in einer Gesellschaft, deren Wurzeln sich bis zu den urzeitlichen Jägern verfolgen lassen? Einen nicht unerheblichen Teil der Schuld daran tragen wir Jäger selbst. Übertriebener Trophäenkult und die in Verbindung damit übertriebenen Fütterungsmaßnahmen und Gatterjagd sind einige der Fakten, die es uns Jägern schwer machen, die Jagd als Bestandteil unserer Kultur darzustellen.

Die Präambel des alten Bayerischen Jagdgesetzes lautet:

“Für das Bayerische Volk ist das Wild in den heimatlichen Bergen, Wäldern und Fluren ein Volksgut, das gerechte Waidwerk ein Bestandteil seiner Kultur”.

Wir Jäger in Bayern leben heute in jagdfeindlichen Zeiten zwar nicht auf einer Insel der Glückseligen, aber dennoch lebt es sich als Jäger in Bayern leichter als in anderen Bundesländern. Irgendwo haben die Menschen hier doch noch mehr Bezug zur Jagd und sie sind offensichtlich eher geneigt sich zu ihrem kulturellen Erbe zu bekennen.

Jagdreviere sind keine Spielwiesen für Entspannung und Ausgleich suchende, gestresste Zeitgenossen, sondern kleine Ökosysteme, die man in unsere Obhut gegeben hat. Die Jägerei ist ein Handwerk, ein uraltes Handwerk, ein edles Handwerk, das sich im Laufe der Zeit zu einem echten Kulturgut entwickelt hat. Die kulturelle Seite der Jagd erschöpft sich nicht in der Pflege eines jagdlichen Brauchtums, wenngleich wir durch das Brauchtum ein gewisses Kulturverständnis herbeiführen.

 

Was hat Ethik jetzt wieder mit der Jagd zu tun? Die Begriffe Ethik und Moral vereinigen sich bei uns Hubertusjüngern in dem Begriff Waidgerechtigkeit.

Was ist Waidgerechtigkeit?

Eugen Wyler, der Schweizer Jagdjournalist und Jagdphilosoph hat einmal gesagt: Was Waidgerechtigkeit ist, das merkt man erst… wenn sie fehlt! Die Waidgerechtigkeit, oder nennen wir sie getrost Ethik, appelliert an unser Gewissen, an unsere Moral verantwortungsvoll mit den in unsere Obhut gegebenen Geschöpfen umzugehen. Es zeugt von unserem ethischen Niveau, wenn wir Wildtiere nicht wie Sachen ansehen oder wie seelenlose Automaten behandeln. Wir müssen uns aber davor hüten, bei allem Respekt vor den Geschöpfen, sie zu stark zu vermenschlichen, sie als eine abgewandelte Form von Menschen anzusehen.

Stets sollten wir aber bemüht sein anzuerkennen, dass alle hochentwickelten Tiere über ein Gefühlsleben verfügen, dass sie Schmerz empfinden können, dass sie auch eine Seele haben, dass sie Lebensbrüder oder Schwestern der gleichen Schöpfung sind. Wenn wir beim Jagen daran denken, das fängt beim Verzicht auf den Einsatz quälerischer Fangeisen an und hört bei der Gatterjagd auf, dann ist das praktizierte Jagdkultur.

Nur wer ethisch handelt hat auch langfristig Erfolg. Es mag sein, dass einem kurzfristig auch ohne Moral Großes gelingt, doch langfristig wird sich dieses Handeln immer negativ auswirken.

Beim Jagen gilt: Der Weg ist das Ziel!

Diesen Weg gehen zu dürfen ist es was uns glücklich und dankbar macht. Wir lesen die für viele unserer Mitmenschen verborgenen Zeichen der Natur, die uns Aufschluss über die Vorgänge im Revier geben.

Wir sehen die Bodenverwundung, die ein flüchtiger Hirsch mit seinen Schalen verursacht hat. Fege- und Plätzstellen verraten uns den Einstand des heimlichen Rehbockes. Wir lauschen sehnsüchtig nach dem ersten Schrei des Hirsches, der uns den Beginn der Brunft signalisiert und können es kaum erwarten bis im Frühjahr das ersten Puitzen und Quorren der Schnepfe oder der sehnsuchtsvolle Ruf des Taubers an unser Ohr dringen. Wir registrieren jeden Witterungsumschwung und haben gelernt auch den Einfluss von Wind und Wetter auf unseren Jagderfolg zu erkennen. Wir haben im Laufe unseres Jägerlebens das Verhalten der Tiere studiert, ihre Lebensgewohnheiten, ihre Eigenarten und haben so die Fähigkeit entwickelt uns in die Tierseele einzufühlen. Dieses sich Einfühlen, oder dieses eins werden mit der Natur, was vielen unserer Mitmenschen versagt bleibt, hat einen sehr großen Anteil an dem was “Jagdlust” ausmacht, was wir als Jäger unter Passion verstehen.

Die Erlegung eines Tieres ist nicht das Ziel und viele von uns merken mit den Jahren immer mehr, dass Flinte und Büchse immer weniger unverzichtbares Handwerkszeug sondern eher rituelles Beiwerk darstellen. Jeder Jagdtag ist das, was wir aus ihm machen. Wer nur Beute will und mit dumpfen Sinn an allem Schönen vorbeistampft wird nichts ernten. Wer aber offenen Auges und frohen Herzens durch Gottes freie Natur wandert, der wird auch ohne Schuss und ohne aufregenden Drill einen glücklichen Tag verleben. Als Jäger erfahren wir oft die glücklichsten Stunden unseres Lebens, aber alles Glück ist nichts wenn wir es nicht mit einem Kameraden, Freund oder Partner teilen können. Freundschaftliche Bande unter Jägern gibt es angeblich nur wenn ein Revier dazwischen liegt. Leider ist dies oft so, dass die Reviergrenze einer Demarkationslinie gleicht an der die Freundschaft endet. Oft verhalten sich auch Jäger und Fischer wie feindliche Brüder. Jäger und Fischer bezeichnen sich beide als Naturliebhaber, beide lieben die eine Natur, und wenn zwei die Gleiche lieben, dann gibt es nicht selten Probleme. Da ärgert sich der Naturliebhaber Entenjäger über den im Schilf sitzenden Naturliebhaber Aalfischer und umgekehrt. Dabei braucht die Natur gar keine Liebhaber, sondern Menschen, die sich mit all ihrer Kraft schützend vor sie stellen!

Landesjägertag Altötting – Kulturausschuss – Ethikrat

Wieder einmal ist es dem Vorsitzenden des Ethikrates und des Kulturausschusses Dr. Jörg Mangold gelungen,  Themen für die Landestagung in Altötting zu finden, die hochinteressant und kurzweilig waren. Als Referent für die Veranstaltung wurde Diakon Franz-Josef Reck, Bayreuth, gewonnen. Der katholische Theologe und passionierte Jäger, er ist Mitglied im Ethikrat des Landesjagdverbandes, hat es sich auf die Fahnen geschrieben Brücken zu bauen, nicht zuletzt zwischen privater Jagd und staatlicher Forstpartie.  Anliegen seines Vortrages war es,  der Jägerschaft in Zeiten allgemeiner Verunsicherung ein geistliches „Vademecum“ an die Hand zu geben.

Diakon Franz-Josef Reck schaffte, was selten vorkommt:

Während seines  Vortrages, der immerhin fast eine Stunde dauerte und das Motto  „Ethik und Jagd“ trug, herrschte eine Ruhe bei den zahlreichen Zuhörern, die fast beängstigend war. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, wenn nicht die Jagdhornbläser auf dem Platz vor der Basilika diese Ruhe ab und zu durch ihre Klänge unterbrochen hätten, was aber durchaus zum Thema passte. Menschlich berührend und fachlich fundiert schaffte es Diakon Reck den weiten Bogen der vielen Themen “Ethik“ mit den Fragen nach „Was ist Waidgerechtigkeit? Was ist Jagdkultur? Was ist Jagdethik?“ aufzugreifen, ohne mit einem erhobenen Zeigefinger zu agieren oder dogmatisch zu sein. Er schloss mit einem „Gebet für Jäger“, das der BJV sicherlich an anderer Stelle einmal veröffentlichen wird.

Die Zuhörer waren so fasziniert, dass der lang anhaltende Applaus erst nach langen Sekunden des Nachdenkens fast zögerlich begann, um sich dann fast frenetisch zu steigern. Die Zuhörer, Dr. Jörg Mangold und auch Jürgen Weißmann als zuständiges Präsidiumsmitglied waren sich einig, dass das Referat  als „Sternstunde“  gewertet werden kann und man dieses Thema in einer weiteren Kulturveranstaltung nochmals aufgreifen „muss“.

Die Mitglieder des Ausschusses Jagdkultur hatten gut daran getan, den Vorsitzenden zu  bitten, zum Thema „Humor ist, wenn man trotzdem jagt“ Gedanken zum Besten zu geben. Dies auch um aufzuzeigen, wie breit gefasst die Themen sind, die  sich in „Jagdkultur und Ethik“ verstecken.

Die von Otto Julius Bierbaum treffliche Definition „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“ änderte Dr. Mangold leicht ab in „Humor ist die Begabung eines Menschen, auf bestimmte Missgeschicke mit einer heiteren Gelassenheit, sozusagen humorvoll zu reagieren“.

Mit zahlreichen Beispielen, die die verschiedenen Arten des Humors aufzeigten, konnte man sich immer wieder identifizieren aber auch feststellen, dass manch Jäger doch recht humorlos ist.

„Witze“ sollten zum Schmunzeln oder Lachen anregen, das nicht gequält kommen sollte, sondern mit Freude.  Dass manche Cartoons und Witze bei Jägern nicht nur Heiterkeit erzeugen, sondern auch zum Nachdenken anregen sollten, das würde er sich von manchen Jägern wünschen.

Sein Resümee: Wenn Jäger ab und an Selbstkritik zulassen könnten und in manchem Jägerwitz vielleicht sogar eine „versteckte Liebeserklärung“ erkennen könnten, wäre manches Problem zwischen jagender und nichtjagender Bevölkerung vielleicht leichter zu lösen?

Hannelore Weißmann