Räude

Als Räude wird allgemein eine parasitäre, hochansteckende Hautkrankheit bezeichnet, die bei Wild- und Haustieren gleichermaßen auftreten kann und von Milben der Gattung “Sarcoptes” verursacht wird. Beim Menschen wird die Räude als Krätze oder Skabies bezeichnet.

Befall beim Menschen

Sarcoptes (scabiei var) Hominis ist die Sarcoptes-Milbe, die den Menschen befällt. Diese Milben sind weltweit verbreitet. Die Weltgesundheitsorganisation gibt eine Zahl von mehreren Millionen infizierten Menschen an. Bei den Betroffenen handelt es sich sehr oft um Personen aus sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten, um immunsupprimierte Patienten oder auch um Bewohner von Gemeinschaftseinrichtungen. In Jugend- und Altenheimen oder Krankenhäusern können die Milben schnell verbreitet werden. Die Hygiene spielt bei der Infektion eine eher untergeordnete Rolle, vielmehr ist diese durch den engen Kontakt der Menschen bei dichter Besiedelung bedingt, wie es beispielsweise oft in Armutsgebieten der Fall ist. Aufgrund des Reiseverkehrs ist eine Einschleppung/Verschleppung der Milben jahreszeitlich nicht begrenzt. Beim Menschen ist in dem Zusammenhang das Krankheitsbild der sogenannten Pseudoskabies – Scheinräude – zu nennen. Diese Art der Infektion ist zu beobachten, wenn der Mensch mit Sarcoptes-Varietäten eines anderen Wirtes, z.B. des Hundes, in Kontakt kommt. Die juckenden Hautveränderungen (meist an den Händen zwischen den Fingern) heilen nach zwei bis drei Wochen ab (mit Behandlung wesentlich schneller), da sich diese Milbenart in der menschlichen Haut nicht vermehren kann.

Befall beim Wildtier

Wildtiere, die mit Räude infiziert sind, leiden erheblich. Aus Sicht des Tierschutzes ist es deshalb ein dringendes Gebot, räudekranke Füchse und anderes sichtlich erkranktes Wild vorrangig zu erlegen und von ihren erheblichen Leiden zu erlösen. Gerade im Winter leiden räudekranke Tiere zusätzlich noch unter den Witterungsbedingungen, weil sie aufgrund der geschädigten Haut und der Haarlosigkeit kaum mehr zu einer vernünftigen Thermoregulation fähig sind. Daher besteht Einigkeit darin, dass man diese Tiere nicht einfach ihrem Schicksal überlassen kann, sondern ihrem Leiden durch „Fachleute“ ein Ende gesetzt werden muss.

Zudem belasten Sekundärinfektionen den Organismus zusätzlich. Eine Behandlung bzw. Therapie von Wildtieren in der Natur ist nicht erlaubt. Wenn beispielsweise räudige Füchse so krank sind, dass sie sich einfangen lassen, ist der Prozess zu weit fortgeschritten, dass eine Therapie erfolglos ist. Jeder langwierige Heilversuch mit schlechter Prognose an einem wilden Tier in Gefangenschaft, auch wenn von Fachleuten ausgeführt, ist u.U. sogar als Tierquälerei zu bewerten.

Eine Kontrollierung des Fuchsbestandes als Mittel zur Seuchenprävention ist allgemein anerkannt. Dass die Ausdünnung der Population einer Seuchenausbreitung entgegenwirken kann, ist bei der Tollwut gesicherte Erkenntnis.

Tipps für Jäger in Räudegebieten

Hund

  • Jagdhunde nicht für die Bauarbeit und für das Apportieren erlegter Füchse einsetzen.
  • Hundebesitzern ist anzuraten, ihren Hund an der Leine zu führen, um direkte Kontakte mit räudekranken Füchsen auszuschließen.
  • Bei einer Erkrankung des Jagdhundes mit Juckreiz ist sofort ein Tierarzt aufzusuchen. Eine frühzeitige Behandlung mit wirksamen Medikamenten führt in der Regel zur Heilung.
  • Sollten beim Jagdhund Räude-Erreger nachgewiesen werden, sind neben der Therapie auch Hygienemaßnahmen, wie die Säuberung und Desinfektion der „Hundeumgebung“ dringend geboten.

Mensch

  • Bergung von verendeten Tieren mit Räudeanzeichen nur mit Gummihandschuhen.
  • Transport im dichten Plastikbeutel, unschädliche Beseitigung.
  • Nach Kontakt mit räudigen Wildtieren peinlichste Reinigung der Hände; bei ersten Anzeichen Hautarzt aufsuchen.

 

Fakten zur Räude

Der Erreger

Der Parasit Sarcoptes scabiei ist eine pathogene Milbe, die sowohl beim Tier als auch beim Menschen auftritt und weltweit weit verbreitet ist. Die Sarcoptes-Milbe, auch als Räude -, Grab- bzw. Krätzmilbe bezeichnet, lebt in der Hornschicht der Haut.
Der gesamte Lebenszyklus des winzigen Spinnentieres wird auf dem Wirt durchlaufen. Mit Hilfe von Verdauungsenzymen erfolgt das Eindringen in die Haut und das Anlegen der typischen Bohrgänge. Die Milbe Sarcoptes scabiei wird in der Literatur als eine Art beschrieben, die in verschiedenen sogenannten Varietäten („Abweichungen einer Art“) auftritt, die für sich jeweils eine außerordentliche Wirtsspezifität aufweisen. Auf anderen Wirten als ihrem „Lieblingswirt“, den sogenannten Fehlwirten, können keine permanenten Infektionen etabliert werden.

Je nach befallenem Wirt können folgende „Milbenvarietäten“ unterschieden werden:

  • Sarcoptes (scabiei var.) canis bei den Hunde- und Marderartigen wie Wolf, Fuchs und Hund sowie Dachs und Marder
  • Sarcoptes (scabiei var.) rupicaprae bei Gams, Hirsch, Reh und Steinbock
  • Sarcoptes (scabiei var.) suis bei Wild- und Hausschwein
  • Sarcoptes (scabiei var). ovis bei Mufflon und Schaf
Was sind typische Übertragungswege?

Für die Übertragung der Räude am Beispiel der „Fuchsräude“ reicht der einfache Kontakt aus. Die „Grabmilben“ werden direkt von Tier zu Tier oder beim Berühren des Fuchses auf den Menschen übertragen.

Der direkte Kontakt mit dem Fuchs ist nicht der einzige Infektionsweg für den Menschen. Hunde, die z.B. bei der Baujagd engen Kontakt mit „Räudefüchsen“ haben, können den Außenparasiten „übernehmen“ und auf den Menschen übertragen. Wenn dies nicht direkt von Hund auf den Mensch erfolgt, kann die Milbe aber auch über den Kontakt mit Utensilien, wie Hundebürste oder –decke den nächsten Wirt erreichen. Man spricht dabei von einer Übertragung von Infektionserregern mittels „belebter“ und „unbelebter“ Vektoren.
Nach einem möglichen Kontakt zwischen Fuchs und Hund sollte vorsorglich auf ein Auftreten klinischer Erscheinungsbilder wie Juckreiz und Hautveränderungen (Ekzeme) geachtet werden.

Wie sieht das Krankheitsbild aus und wie ist der Verlauf der Räude?

Die Milben, winzige Spinnentiere, parasitieren in den oberen Schichten der Haut und legen Bohrgänge mit einer Geschwindigkeit von 0.5 bis 5 mm pro Tag an.
Ein einzelnes befruchtetes Milbenweibchen legt in diesen Bohrgängen etwa 50 Eier (ein bis drei Eier täglich), aus denen nach etwa drei bis vier Tagen sechsbeinige Larven schlüpfen, die innerhalb von zwei bis drei Wochen über zwei Häutungen zu achtbeinigen Nymphen und dann zu geschlechtsreifen Milben heranwachsen. Versuche haben ergeben, dass die Milben 24-36 h bei Raumtemperatur getrennt von ihrem Wirt überleben können und ihre Infektiösität beibehalten.

Meist entstehen als Reaktion auf die Bohrgänge und die abgegebenen Speichelsubstanzen mit starkem Juckreiz verbundene Entzündungen. Es kommt zu vermehrter Schuppenbildung, zur Rissigkeit und zum Eindringen von Bakterien. Durch Kratzen und die Sekundärinfektionen kommt es nicht selten zu starken Hautschädigungen. Füchse leiden unter einer Räudeerkrankung am stärksten.

Die Räude beginnt in der Regel am Kopf und breitet sich über den Hals auf andere Körperteile aus. Sie fällt in der Regel ins Auge, wenn es bei dem betroffenen Tier zu Haarverlust (beim Fuchs vor allem an der Lunte) und Borkebildung der Haut kommt. Hochgradig räudige Tiere sind kaum in der Lage ausreichend Futter zu suchen oder zu jagen und magern in Folge sehr schnell ab und verenden letztlich. Während bei Haustieren und beim Menschen die Möglichkeit einer frühzeitigen und auch erfolgreichen Behandlung besteht, müssen erkrankte Wildtiere von ihrem Leiden erlöst und der Wildbahn entnommen werden. Das dient auch dem Schutz von Artgenossen.

Nicht jedes befallene Tier erkrankt auch an Räude. Bei guter Kondition und gutem Ernährungszustand kann der Parasit auf der Haut beherbergt sein, ohne dass der Wirt erkrankt. Jedoch kann dies die Quelle einer Übertragung auf andere Tiere sein. Kommt es zu einer Erkrankung, liegt in der Regel ein „Immunitätsmangel“ bzw. die Schwächung der Abwehrkraft des Wirtes vor. Räude tritt deshalb vor allem bei jungen bzw. alten Tieren auf.

Die Räude tritt vereinzelt auf, sie kann aber auch, bei Fuchs und Gams keine Seltenheit, seuchenartige Ausmaße annehmen.
Ist ein seuchenartiges Auftreten der Räude zu beobachten, kann man oft von einer hohen Populationsdichte („Überpopulation“) mit einer folglich höheren Kontakthäufigkeit ausgehen. Futtermangel und innerartliche Auseinandersetzungen begünstigen den Ausbruch und die Verbreitung der Krankheit. Naturgemäß sind im engen Sozialgefüge zusammenlebende Tierarten (z.B. im Rudel, im Familienverband) wie Gams bzw. Tierarten, die zumindest zeitweise eng zusammenleben (z.B. in der Paarungszeit), wie Fuchs, am ehesten gefährdet. Ein seuchenhaftes Auftreten der Räude führt meist zu drastischen Bestandseinbrüchen.