Blauzungenkrankheit

Auch in Deutschland wieder aktuell

Die Blauzungenkrankheit ist eine anzeigepflichtige, virusbedingte Tierseuche, die von blutsaugenden Mücken (Gnitzen) auf Wiederkäuer sowie Neuweltkameliden übertragen werden kann. Die Gnitzen können, je nach Witterungsbedingungen, Strecken bis zu 150 km zurücklegen.

Menschen und andere Tiere sind nicht betroffen! Der Verzehr von Fleisch- und Milchprodukten ist vollkommen unbedenklich.

Nachdem Deutschland in den Jahren 2006-2009 von der Blauzungenkrankheit betroffen war, galt es von 2012 bis Dezember 2018 offiziell frei von dieser Tierseuche. Nach einigen Seuchengeschehen in 2019, 2020 und 2021 erlangte Deutschland ab 01. Juni 2023 wieder den amtlichen „Freiheitsstatus“.

Nun ist die Blauzungenkrankheit zurück.

Am 25.10.2023 wurde der Ausbruch der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 (BTV-3) in einem Schafbestand im Landkreis Ammerland, Niedersachsen, amtlich festgestellt. Damit hat Niedersachsen nach Nordrhein-Westfalen (amtliche Feststellung BTV-3 dort am 12.10.2023) den Status „seuchenfrei in Bezug auf Infektionen mit BTV“ verloren.

Im Norden des Landkreises Emsland ist Mitte November ein neuer Fall von Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 in einer Mutterkuhhaltung aufgetreten und inzwischen amtlich bestätigt worden.
Bereits am 27. Oktober 2023 war der erste Fall von Blauzungenkrankheit im Landkreis Emsland in einem anderen Mutterkuhhaltungsbetrieb festgestellt worden.

Alle anderen Bundesländer sind weiterhin seuchenfrei. In Folge des neuerlichen Ausbruchsgeschehens wird das innergemeinschaftliche Verbringen von lebenden Wiederkäuern sowie Produkten, z. B. Sperma oder Embryonen, für Deutschland eingeschränkt. Allerdings können Verbringungen in und aus BTV-freien Bundesländern weiterhin erfolgen.

Da es sich um eine anzeigepflichtige Tierseuche handelt, muss bereits der Verdacht sofort dem Veterinäramt angezeigt werden.

Im Nachbarland Niederlande hat ein landesweiter Ausbruch der Blauzungenkrankheit nach Angaben des niederländischen Landwirtschaftsministers Piet Adema mehr als 50.000 Schafe getötet. Dies entspricht 5% des niederländischen Schafbestandes. Zeitgleich sind rund 1.000 Kühe an dem Virus verendet.

Fakten zur Blauzungenkrankheit

Was ist die Blauzungenkrankheit?

Die Blauzungenkrankheit (auch unter der englischen Bezeichnung „Bluetongue“ oder kurz BT bekannt) ist eine anzeigepflichtige Viruserkrankung großer und kleiner Wiederkäuer (Rinder, Schafe, Ziegen), aber auch von Neuweltkameliden und Wildwiederkäuern, die mit Fieber und durch Entzündungen der Gefäße verursachten Schwellungen einhergehen kann.

Die Blauzungenkrankheit ist eine nicht direkt von Tier zu Tier übertragbare, sondern durch bestimmte blutsaugende Stechmücken (sog. Gnitzen der Gattung Cullicoides) übertragene Infektionskrankheit, an der vor allem Schafe und Rinder erkranken und teilweise versterben können. Auch über den Kontakt mit Personen und Gerätschaften findet keine Ansteckung statt.

Beim Erreger der BT handelt es sich um ein Virus (abgekürzt BTV, Blauzungenvirus), von dem über 20 verschiedene Serotypen bekannt sind. In den letzten Jahren wurden in den Nachbarstaaten Deutschlands vor allem das Virus vom Serotyp 8 (BTV-8) und das Virus vom Serotyp 4 (BTV-4) nachgewiesen.
Bei infizierten Tieren kann das Virus über Wochen im Blutkreislauf zirkulieren. Sie stellen damit ein Virusreservoir dar.

Die BT tritt verstärkt in der warmen Jahreszeit und hier bei feuchtwarmem Wetter auf. Die Stechmücken, die Gnitzen, fallen vor allem im Zeitraum zwischen Abend- und Morgendämmerung bevorzugt Tiere im offenen Gelände an.

Besteht eine Ansteckungsgefahr für den Menschen?

Der Erreger der Blauzungenkrankheit ist für den Menschen und andere Tiere nicht gefährlich. Fleisch- und Milchprodukte können ohne Bedenken verzehrt werden.

Woher kommt die Blauzungenkrankheit?

Der ursprünglich aus Afrika, südliche Sahara,  stammende Erreger kommt heute weltweit in tropischen und subtropischen Regionen vor. Er ist in Europa in den gesamten Mittelmeeranrainerstaaten und auf dem Balkan mit verschiedenen Serotypen (z.B. BTV-4, BTV-8) präsent. In Zentraleuropa wurde die Krankheit 2006 erstmals in den Niederlanden nachgewiesen. In den Jahren 2007 und 2008 konnte eine kontinuierliche Ausbreitung der BTV- 8 in Deutschland festgestellt werden.

Mit Hilfe einer 2008 und 2009 bundesweit durchgeführten Pflichtimpfung aller Wiederkäuer konnte BTV-8 zurückgedrängt werden. Deutschland war in der Folge von 2012 bis Dezember 2018, bis zu dem Ausbruchsgeschehen in Baden-Württemberg, BTV- frei.
Das Nachbarland Frankreich gilt seit vielen Jahren als endemisch für BTV-4 und BTV 8, Ausbrüche werden daher nicht regelmäßig gemeldet.

Andere Mitgliedsstaaten sind frei von Blauzungenkrankheit.

Die Blauzungenkrankheit kann durch den Handel mit infizierten Tieren oder infiziertem Sperma in freie Regionen eingeschleppt werden. Darüber hinaus kann der Erreger durch die Verschleppung von Insekten mit dem Wind oder mit Flugzeugen über weite Strecken verbreitet werden. Insbesondere in den wärmeren Monaten ist mit einer weiteren Ausdehnung der Tierseuche zu rechnen. Da die Stechmücken auch an geschützten Orten (Stall) überwintern können, tritt die Krankheit unter Umständen auch in einer Zeit auf, in der man die „fliegenden Vektoren“ gewöhnlich nicht vermutet.

Wie ist die aktuelle Gefährdungslage in Deutschland und den Nachbarländern?

Nach dem Ausbruch der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 (BTV-3) in einem Schafbestand in Niedersachsen Ende Oktober 2023 hat auch dieses Bundesland nach Nordrhein-Westfalen (amtliche Feststellung BTV-3 hier wenige Tage zuvor, am 12.10.2023) den Status „seuchenfrei in Bezug auf Infektionen mit BTV“ verloren. Alle anderen Bundesländer sind weiterhin seuchenfrei.

In Belgien wurde am 29.09.2023 ein Ausbruch der Blauzungenkrankheit in einer Schafhaltung bestätigt. Auch Belgien hat seinen BTV-Freiheitsstaus verloren.

Am 06.09.2023 gab es die ersten BTV-3-Nachweise in Schafzuchtbetrieben in den Niederlanden.

In der jüngeren Vergangenheit kam es wiederkehrend in Frankreich, aber auch in der Schweiz zu BT-Ausbrüchen vom Virustyp 8.

Seit 2014 ist eine kontinuierliche Ausbreitung der Blauzungenkrankheit, ausgelöst durch BTV-4, von Griechenland über den Balkan Richtung Mitteleuropa zu beobachten. Aus Südosteuropa kommend zeigte BTV-4 Ausbreitungstendenzen und hatte Ende 2015 Österreich und Slowenien erreicht. Betroffen waren auch Ungarn, Rumänien und weitere Länder des Balkans sowie Italien.

Baden-Württemberg hat auf die Ausbrüche in den benachbarten Staaten bereits im Jahr 2016 mit einer freiwilligen Impfaktion reagiert. Dennoch bestätigte am 12.12.2018 das nationale Referenzlabor für BT des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) zwei Infektionen mit BTV-8 bei Rindern in Baden-Württemberg, im Landkreis Raststatt nahe der französischen Grenze.

Das damalige Restriktionsgebiet mit einem Radius von 150 Kilometer betraf die Bundesländer Baden-Württemberg, das Saarland sowie das südliche Hessen und Rheinland-Pfalz. Mit der Feststellung der Blauzungenkrankheit in Baden-Württemberg lagen auch größere Gebiete Bayerns in der gesetzlich vorgeschriebenen 150-km-Sperrzone um den Ort des Ausbruchs und waren somit von entsprechenden Restriktionen betroffen.

Im Sperrgebiet müssen sämtliche Rinder-, Schafe-, Ziegen- und Gehegewild-Haltungen sowie unter anderem Lamas und Alpakas, die noch nicht registriert sind, unverzüglich dem Veterinäramt gemeldet werden. Der Transport von Zucht-, Nutz- und Schlachttieren ist innerhalb des Sperrgebietes nur mit Zulassung der zuständigen Behörde möglich. Für die Blauzungenkrankheit empfängliche Tiere dürfen nur unter Auflagen aus dem Sperrgebiet herausgebracht werden.

Ebenso wurde die Tierseuche in Rheinland-Pfalz und im Saarland nachgewiesen.
Im Februar 2019 waren dadurch das gesamte Allgäu sowie die oberbayerischen Landkreise Dachau, Fürstenfeldbruck, Pfaffenhofen, Neuburg/Donau und Eichstätt vom Sperrgebiet, ausgehend von dem Ausbruchsgeschehen in BW, betroffen. Daneben waren auch Mittelfranken und die schwäbischen Landkreise Augsburg und Dillingen zum Sperrbezirk erklärt worden. Im Jahr 2019 wurden in Deutschland insgesamt 59 Ausbrüche von BTV-8 im westlichen Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz und im Saarland nachgewiesen.

Im Oktober 2020 traten zwei Fälle von BTV-8 in Deutschland, Rheinland-Pfalz und Saarland, auf. Im Februar 2021 wurde ein Fall von BTV-8 in Rheinland-Pfalz nachgewiesen.

Die Europäische Kommission hatte am 21.06.2021 ganz Bayern als Zone mit dem Status „seuchenfrei“ in Bezug auf Infektionen mit dem Blauzungen-Virus eingestuft, so dass Restriktionen aufgehoben wurden.

Sperrgebiete werden für mindestens 2 Jahre nach dem letzten Ausbruch aufrechterhalten. Erst danach kann sich die Bundesrepublik Deutschland wieder als frei von der Blauzungenkrankheit erklären und auch ihren „Freiheitsstatus“ ggf. zurückerhalten.

Da auch Wildwiederkäuer für BTV empfänglich sind, ist auch die Jägerschaft aufgerufen, das Wild in den Revieren genau „unter die Lupe“ zu nehmen, um Veränderungen, die auf ein BT-Seuchengeschehen hindeuten könnten, schnell zu registrieren.

Wie macht sich die Erkrankung bemerkbar?

Schafe: In der Regel entwickeln sich bei Schafen schwere klinische Symptome einer Allgemeinerkrankung mit hohem Fieber und Abgeschlagenheit. Es muss mit Sterblichkeitsraten von bis zu 30 % gerechnet werden. Leitsymptome sind Rötungen und Schwellungen der Kopfschleimhäute, Kopfödeme sowie vermehrter Speichelfluss. Namengebend für die Krankheit sind Blutungen, Schwellungen und Blaufärbungen im Maulbereich, insbesondere der Zunge. Entzündungen im Zwischenklauenspalt und am Kronsaum führen bei ihnen zu Schmerzen, Lahmheit, gekrümmtem Rücken und vermehrtem Liegen.

Rind: Beim Rind verläuft die Erkrankung meist unauffälliger, sehr häufig völlig ohne Krankheitssymptome. Es können leichtes Fieber, Milchleistungsrückgang und Aborte auftreten. Bei schwerem Verlauf können Rötungen und Erosionen an Kopfschleimhäuten, Maul, Zahnfleisch, Klauensaum und Zitzen sowie eine gravierende Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens beobachtet werden.

Tatsächlich sind auch Wildwiederkäuer für die Blauzungenkrankheit empfänglich. Die Krankheit verläuft jedoch meist ohne Symptome. Grundsätzlich können Wildwiederkäuer aber ein Reservoir für die Blauzungenkrankheit darstellen. Leider spielt auch hier der Klimawandel seine unrühmliche Rolle und verlängert die Zeit, in der die Stechmücken fliegen und das Virus übertragen können.

Die Anzeigepflicht bezieht sich auch auf Wildtiere. Das bedeutet, dass Jäger bereits einen Verdacht umgehend der Veterinärbehörde melden müssen.

Können auch Wildwiederkäuer erkranken?

Tatsächlich sind auch Wildwiederkäuer für die Blauzungenkrankheit empfänglich. Die Krankheit verläuft jedoch meist ohne Symptome. Grundsätzlich können Wildwiederkäuer aber ein Reservoir für die Blauzungenkrankheit darstellen. Leider spielt auch hier der Klimawandel seine unrühmliche Rolle und verlängert die Zeit, in der die Stechmücken fliegen und das Virus übertragen können.

Die Anzeigepflicht bezieht sich auch auf Wildtiere. Das bedeutet, dass Jäger einen Verdacht umgehend der Veterinärbehörde melden müssen.

Wie kann man Tiere vor einer Infektion schützen?

Ein vollständiger Schutz vor BT ist nur durch eine Schutzimpfung empfänglicher Tiere gegen den jeweiligen Serotyp zu erreichen. Das bedeutet, dass Tiere, die gegen BTV-8 geimpft sind, auch gegenüber einer Neuinfektion mit BTV-8 geschützt sind.
Daneben wird insbesondere bei Schafen und Ziegen zur Impfung geraten, da diese bei einer Infektion schwerwiegend erkranken können. Eine hohe Impfquote ist auch notwendig, damit sich die Seuche in der Tierpopulation nicht weiter ausbreitet.

Rinder, Schafe und Ziegen, die in Zoos, Wildparks, Zirkussen oder ähnlichen Einrichtungen gehalten werden, sollten ebenfalls geimpft werden, ebenso Tiere sonstiger empfänglicher Tierarten, zum Beispiel Gehegewild oder Neuweltkameliden.
Bund und Länder favorisieren derzeit eine freiwillige Impfung der Wiederkäuerbestände. Die Entscheidung über eine Impfung obliegt damit der Verantwortung der Tierhalter.

Bekämpfung

Die Bekämpfung der Blauzungenkrankheit basiert auf innerstaatlichem und EU-Recht. Die BT ist in allen EU-Mitgliedstaaten anzeigepflichtig. Die Impfung bietet derzeit den einzigen effektiven Schutz.

Die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKoVet) empfiehlt den Tierhaltern, ihre Rinder, Schafe und Ziegen gegen BTV-4 und BTV-8 impfen zu lassen.
In den Ländern, die wie Frankreich kein stringentes Impfkonzept haben, sind die Virustypen BTV 8 und BTV-4 endemisch, so dass immer ein latentes Risiko der erneuten Einschleppung nach Deutschland besteht, woraus letztlich die entsprechende Impfempfehlung der StIkoVet resultierte.

Da sich zwischen den verschiedenen Serotypen keine brauchbare Kreuzimmunität ergibt, müssen die jeweils spezifischen Impfstoffe eingesetzt werden. Insektizide zur prophylaktischen Anwendung am Tier erbringen nicht den erforderlichen Schutz vor einer Infektion.

Zur Bekämpfung der Blauzungenkrankheit sind strenge, vor allem den Handel mit Tieren und ihre Verbringung einschränkende Maßnahmen vorgesehen. Ziel der Maßnahmen ist es, die Gefahr einer Verschleppung des Virus zu minimieren. Durch die Einrichtung von „Restriktionszonen“ mit insgesamt ca. 150 km Radius um Ausbruchsbetriebe ergeben sich für in diesen Zonen gehaltene Rinder, Schafe oder Ziegen massive Handelshemmnisse, auch wenn sie von der Infektion selbst nicht betroffen sind. Ein Verbringen innerhalb der Sperrzonen und aus Sperrzonen in freie Gebiete unterliegt der behördlichen Überwachung. Das Verbringen von Tieren aus gesperrten Betrieben ist grundsätzlich verboten. Das Verbringen von lebenden Tieren aus nicht gesperrten Betrieben innerhalb der Sperrzone und in ein freies Gebiet ist nur zulässig, wenn die Tiere einen wirksamen Impfschutz haben.