Moderhinke

Einleitung

Die Moderhinke, oder auch Schafpanaritium, ist eine hochansteckende und schmerzhafte Klauenerkrankung bei kleinen Wiederkäuern, wie Schafen und Ziegen, die durch zwei „Feuchte-Weiden-Bakterienarten“ verursacht wird, Fusobacterium necrophorum und Dichelobacter nodosus, wobei Letzterer als spezifischer Moderhinkeerreger gilt. Auch Wildschafe, wie das Mufflon, und andere Wildwiederkäuer können betroffen sein.

Der Name Moderhinke ist eine umgangssprachliche Bezeichnung, die von dem unangenehmen Geruch der vorrangig betroffenen Körperteile, der entzündeten und „faulenden“ Klauen, herrührt.

Erreger

Sowohl Fusobacterium necrophorum als auch Dichelobacter nodosus sind Bakterien, die u.a. in feuchtem Erdboden vorkommen.

Primärerreger der Moderhinke ist Dichelobacter nodosus, der in einer „gutartigen“ und in einer „bösartigen“ Variante auftritt. Nur letztere, die virulente Variante des Bakteriums führt zur vollen Ausprägung der Moderhinke. Jedoch können auch bei der gutartigen Form akute Schmerzen und Leistungseinbußen auftreten.

Während die Überlebenszeit im trockenen Erdboden nur kurz ist, können die Erreger in feuchten Böden bis zu 42 Tage, unter günstigen Bedingungen sogar bis zu 6 Monate überleben. In erkrankten Klauen kann der Erreger mehrere Jahre nachgewiesen werden.

Für die Infektion und die daraus folgende klinische Ausprägung sind die Virulenz der beteiligten Erregerstämme, die Feuchtigkeit, Temperaturen über 10 °C, mangelhafte Klauenpflege, Klauenverletzungen und Sekundärinfektionen ausschlaggebend.

Krankheitsbild

Besonders bei Schafen kommt es oft zu einem schweren Krankheitsverlauf, der mit erheblichen Schmerzen für das Tier einhergeht.

Bei der Moderhinke gibt es verschiedene Krankheitsstufen, die sog. Moderhinke-Stadien, die in die Grade 1-5 eingeteilt sind. Grundsätzlich können sämtliche Verlaufsformen gleichzeitig in einer Herde vorkommen:

GradKennzeichenDauer
0Klauenspalt ohne Veränderungen, behaart
1Entzündungen der Haut im Klauenspalt, Rötung
2schmierige, stinkende Belege im Klauenspalt3-4 Tage
3Ablösung von Ballenhorn und Innenwand
4Ausdehnung auf gesamte Sohle und Außenwand7-14 Tage
5Ausdehnung bis zur Spitze, Ausschuhen> 21 Tage

Definition der Moderhinke-Stadien nach H. Strobel, 2018

Am Anfang ist nur der Zwischenklauenspalt von der Entzündung betroffen. Von diesem Spalt greift die Entzündung dann auf die Klauen und die Gliedmaßen über, es kommt es zu einer fortschreitenden Entzündung und Schädigung des Klauenhornes. Das Horn ist unterschiedlich stark von der Klauenlederhaut abgelöst, zwischen beiden befindet sich oftmals eine übelriechende, grauweißlich schmierige Masse als Produkt des Eiterungsprozesses. Schwere, extrem schmerzhafte Fälle sind gekennzeichnet durch Sohlendurchbrüche und Ausschuhen (vgl. Verlust des Fingernagels beim Menschen, jedoch muss sich das Tier hiermit fortbewegen!) .

Betroffene Tiere schonen die Gliedmaßen und stehen beim Fressen und teilweise auch bei der Fortbewegung nicht mehr auf den Klauen , sondern eingeknickt auf den Gelenken. Gefressen wird oft auf den Vorderextremitäten knieend oder auch im Liegen.  Innerhalb einer Herde erkennt man erkrankte Tiere an ihrem mangelnden Tempo, der Lahmheit und dem typischen Kopfnicken. Diese Tiere haben meist einen erheblichen Abstand zum Rest der Herde. Durch ihre mangelnde Beweglichkeit und damit verbundene Einschränkungen magern diese Tiere meist stark ab, erkrankte Muttertiere können nicht mehr ausreichend für ihre Jungtiere sorgen. Abgesehen von dem enormem wirtschaftlichen Schaden durch Leistungsdepression entsteht ein massives Tierschutzproblem.

Wie bei jeder bakteriellen Erkrankung begünstigt ein schlechter Allgemeinzustand der Tiere die Erkrankung. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, daß Temperaturextreme – sehr trockenes oder sehr kaltes Wetter – eine Ansteckung erschweren. Auch sind die unterschiedlichen Schafrassen unterschiedlich anfällig. Als am wenigsten robust gelten Merinoschafe.

Übertragung

Die Moderhinke ist hochansteckend und führt dadurch zu einer besonders schnellen Ausbreitung innerhalb der Herde. Die Erreger sind sehr einfach von Tier zu Tier zu übertragen, auch über Kontakt mit kontaminierten Böden, Arbeitsgeräten oder Transportfahrzeugen.

Auch scheinbar gesunde Tiere können die Erreger übertragen.

Moderhinke und Tierschutz

Die Moderhinke ist eine Krankheit, die dem betroffenen Tier meist erhebliche Schmerzen verursacht. Der Halter muss sofort beim ersten Anzeichen aktiv werden. Eine Verschleppung oder das Unterlassen von Hilfsmaßnahmen ist als Verstoß gegen das Tierschutzgesetzes zu sehen.

Die erkrankten Tiere sind von der Herde zu  separieren und zu behandeln. Aus wirtschaftlichen Gründen und aus der Sicht des Tierschutzes sollte in einer betroffenen Herde unbedingt eine umfangreiche Bestandssanierung erfolgen. Die Ansteckungswege sind derart vielfältig, daß nur eine Erregerbekämpfung Erfolg verspricht.

Im Wildtierbereich sind sichtbar kranke Tiere aus Tierschutzgründen als „Hegeabschuss“ zu erlegen.

Vorbeugung/Prophylaxe

Bei der Moderhinke handelt es sich um eine Herdenerkrankung. Die ausschließliche Behandlung einzelner erkrankter Tiere ist daher nicht ausreichend. Für eine erfolgreiche Bekämpfung der Moderhinke ist eine Herdensanierung erforderlich.

In der Herde ist es notwendig, alle Tiere zeitgleich zu untersuchen. Mit Hilfe der PCR-Untersuchung von Tupferproben des Zwischenklauenspaltes kann festgestellt werden, ob eine Infektion mit D. nodosus vorliegt.
Sind Tiere in einer Herde betroffen, müssen diese von der restlichen Herde abgesondert und umgehend und konsequent behandelt werden; gesunde Tiere sind durch Vorsorgemaßnahmen (Klauenbäder) zu schützen.

Neu gekaufte Tiere sollten erst nach einer mehrwöchigen Quarantäne mit regelmäßigen Klauenbädern Kontakt zur neuen Herde erhalten. Auf der Weide und im Stall sind feuchte Stellen trockenzulegen oder zu meiden (durch Auszäunung). Eine weitere Möglichkeit der Vorbeugung stellt die gezielte Zucht und Kreuzung mit resistenten Rassen/Linien dar.

Die Tiere müssen nach der Genesung auf eine Weide gebracht werden, die mindestens ein halbes Jahr nicht benutzt wurde, um eine Neuansteckung der gereizten Klauen zu vermeiden. Problematisch ist ein Beweiden von Wildwiesen, die auch von Wildschafen bzw. -wiederkäuern betreten werden.