Trichinen (Trichinella) und Trichinellose

Wildschwein, Dachs, Bisam und weitere Tierarten, die Träger von Trichinen sein können, unterliegen einer amtlichen Untersuchung auf Trichinen, wenn sie für die menschliche Ernährung bestimmt sind. Das Inverkehrbringen von Wild vor Abschluss der Trichinenuntersuchung ist strafbar!

Unter dem Begriff „Trichinen“ werden alle Nematoden – längliche symmetrische Rundwürmer (im Ggs. zu Plattwürmern wie Leberegel) -zusammengefasst, die der Gattung Trichinella angehören.
Durch diese Nematoden werden bei Mensch und Tier Trichinellosen, auch Trichinosen genannt, verursacht. Der für den Menschen wichtigste Vertreter ist Trichinella spiralis; wesentlich seltener wurden beim Menschen T. nelsoni, T. nativa, T. murrelli, T. britovi und T. pseudospiralis nachgewiesen. Die Übertragung und das Auslösen der Infektion erfolgt über die Aufnahme von Trichinella-Larven (auch als Trichinellen oder Trichinen bezeichnet), diese werden bei Erhitzen auf Temperaturen auf mindestens 70 °C im Kern über eine Minute sicher abgetötet.
Der Verzehr von Fleisch, das mit Trichinen infiziert ist, kann zu schweren Erkrankungen beim Menschen führen. Daher müssen Maßnahmen getroffen werden, um Erkrankungen des Menschen durch den Verzehr von Fleisch, das mit Trichinen infiziert ist, vorzubeugen.
Vorkommen

Vertreter der Gattung Trichinella (Trichinella spp.) können alle Arten von Säugetieren (z.B. T. spiralis, T. britovi, T. nativa) aber auch Vögel (T. pseudospiralis) und Reptilien (T. papuae, T. zimbabwensis) infizieren. Die größte Rolle im „menschlichen Zyklus“ spielen Hausschweine (domestischer Zyklus) und Wildschweine (silvatischer Zyklus). Ein Reservoir für Trichinellen können aber auch Nager, z.B. Ratten, Hunde, Katzen, Pferde und Raubwild, Füchse oder Marderhunde beispielsweise, sein. In anderen Regionen der Erde sind Bären und Robben wichtige Reservoirspezies.

Biologie der Trichine

Trichinen sind im Adultstadium parasitisch lebende Rund- bzw. Fadenwürmer von bis zu 4mm Länge; die weiblichen Würmer sind doppelt so lang wie die Männchen. Ihre höchstens 1mm großen Larven leben als Parasiten in der Skelettmuskulatur von Säugetieren, Vögeln und Reptilien.
Die Übertragung auf einen neuen Wirt – so auch auf den Menschen – erfolgt ausschließlich durch den Verzehr von rohem Fleisch, welches die infektionsfähigen Muskellarven (sog. Muskeltrichinen) enthält, die sich hier in einer Art Wartestadium befinden und durch Verdauungsenzyme im Magen freigesetzt werden. Nach Aufnahme der Muskeltrichinen entwickeln sich innerhalb weniger Tage aus ihnen geschlechtsreife Würmer im Darm des Wirtes, wo auch die eigentliche Vermehrung dieser „Darmtrichinen“ in der Darmschleimhaut stattfindet. Während nach der Begattung die männlichen Würmer sterben, gebären die Weibchen jeweils 1000 – 1500 Jungtrichinellen (Larven) über einen Zeitraum von mehreren Wochen (Trichinen sind lebendgebärend, es können keine Eier im Kot nachgewiesen werden), welche aus dem Darm über das Blut- und Lymphsystem in die quergestreifte, sauerstoffreiche, gut durchblutete Muskulatur, insbesondere in Zwerchfellpfeiler, Zwischenrippenmuskulatur, Kehlkopf-, Zungen-, und Augenmuskeln, Unterarm- und Unterbeinmuskulatur wandern und innerhalb von 14 Tagen ihre „berüchtigte“ Infektiosität erlangen. 4 – 6 Wochen nach Erlangung ihres Zielortes rollt sich die Muskeltrichine auf und verkapselt sich in einer “Ammenzelle“, nach einem halben Jahr ist die Verkalkung der Kapsel und später auch der Larve vollkommen, so dass die Larven auf diese Weise jahrelang infektiös bleiben können. Ein Stoffwechselaustausch der Trichinellen mit dem sie umgebenden Gewebe durch die Kapsel hindurch konnte nachgewiesen werden.
Die Besiedlung des Darmepithels durch die adulten Würmer und die Freisetzung von Hunderten Larven kann bereits mit einer akuten Diarrhö einhergehen.

Krankheit beim Menschen

Mit Trichinellen infiziertes Fleisch kann nach dem Verzehr beim Menschen die Infektionskrankheit „Trichinellose“ hervorrufen. Die Inkubationszeit beträgt zwischen 5 und 14 Tagen, in Einzelfällen bis zu 45 Tagen. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich.
Die Trichinellose ist eine weltweit vorkommende, mild bis tödlich verlaufende Zoonose und in Deutschland meldepflichtig. Die Erkrankung verläuft zu Beginn der Infektion meist unspezifisch mit Schwäche, Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Im späteren Verlauf der Erkrankung können auch Fieber, Muskelschmerzen (beim aktiven Eindringen werden Muskelfasern zerstört) und Ödeme im Augenbereich auftreten.
In Deutschland werden pro Jahr durchschnittlich 6 Trichinellose-Fälle beim Menschen dem Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldet. Die Infektion der Verbraucher erfolgt meist über trichinenhaltiges, rohes Schweinefleisch, verarbeitet zu Rohwürsten, Schinken oder Gehacktem.
Man vermutet, dass Trichinen erst am Anfang des 19. Jahrhunderts aus China nach Europa eingeschleppt wurden. Wegen der seit 1937 in ganz Deutschland geltenden obligatorischen Trichinenuntersuchung bei den als Infektionsquelle für den Menschen in Frage kommenden Haus- und Wildtierarten ist die Trichinellose deswegen seit Jahrzehnten überwiegend eine „Importkrankheit“, d.h.., entweder haben sich die Patienten im Ausland infiziert oder sie haben unzureichend untersuchte Lebensmittel aus dem Ausland mitgebracht und verzehrt.

Krankheitsbild beim Menschen

  • 3 – 5 Tage nach Aufnahme der Larven (rohes Fleisch):
    – Darmphase: Mattigkeit, Fieber, Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall, evt. punktförmige Blutungen unter den Nägeln
  • Ab 9. Tag – 4 Wochen nach Infektion:
    – Muskelphase: Muskelschmerzen, Heiserkeit, Schluck- Atembeschwerden, Gesichtsschwellung, Knöchelschwellung, Doppelsehen,
    – Herz- und Gehirnentzündungen (ca. 5 % Todesfälle)

Infektionswege

  • Mensch
    • Essen von rohem, trichinösen Fleisch – z.B. Hack, Rohwürste
  • z.B. beim Schwarzwild
    • Fressen von trichinösen Tierkadavern (Fuchskerne) und Aufnahme infizierter Beutetiere (Nager)

Verbraucherschutz

In Mitteleuropa spielen für die Übertragung von Trichinen und Auslösen einer Infektion Haus- und Wildschweine die größte Rolle.
Von insgesamt 489 Mio. geschlachteten Hausschweinen inländischer Herkunft wurde in zehn Jahren (2003-2012) achtmal ein Trichinella-Befall diagnostiziert. Hierbei handelte es sich ausschließlich um Schweine aus kleinen Privathaltungen, wobei das Referenzlabor davon ausgeht ist, dass sich die Tiere während der Freilandhaltung durch das Fressen oder die Zufütterung von Fleisch infizierter Wildtiere mit Trichinellen infiziert haben (Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung).

Im Gegensatz hierzu waren in den Jahren 2000-2009 von insgesamt 3,4 Mio untersuchten Wildschweinen 92 Tiere positiv. Die Trichinella-Prävalenz beim Wildschwein liegt somit je nach Jahr und Bundesland etwa bei 0,003% (Quelle: Nöckler et al., 2011 und Bundesinstitut für Risikobewertung). Dass ein positiver Trichinenfund bei Wildschweinen ein seltenes Ereignis ist, aber dennoch vorkommen kann, zeigt die Meldung des Veterinäramtes Unterallgäu über einen am 08.02.2019 bestätigten Trichinenfund bei einem erlegten weiblichen, ca. 10 – 11 Monate alten Wildschwein im Landkreis Unterallgäu.

In vielen süd- und osteuropäischen Ländern ist jedoch die Vorkommenshäufigkeit, sog. Prävalenz, von Trichinella vor allem bei Wildschweinen deutlich höher als in Deutschland bzw. Mitteleuropa. Während in Deutschland und der EU eine amtliche Untersuchung auf Trichinen für Tierarten, die Träger von Trichinen sein können und für den menschlichen Verzehr vorgesehen sind, gesetzlich vorgeschrieben ist, ist in vielen Ländern eine flächendeckende Untersuchung von Haus-aber vor allem Wildschweinen auch nicht unbedingt Standard. Daher sollten Urlauber vor allem in Süd- und Osteuropa beim Verzehr von rohem, lediglich gepökeltem oder geräuchertem Fleisch bzw. Fleischerzeugnissen Vorsicht walten lassen oder bei zweifelhafter Herkunft lieber ganz auf den Verzehr verzichten. Denn nur Temperaturen von mindestens 70 °C im Kern des Fleisches über eine Minute töten Trichinenlarven mit Sicherheit ab; Räuchern, Pökeln und Trocknen gewähren keinen ausreichend wirksamen Schutz.

Rechtliches

Prinzipiell gelten Vorschriften zur Prävention der Trichinellose für alle EU-Mitgliedstaaten sowie für Fleisch aus Drittländern, welches in die EU importiert wird.
Gemäß Durchführungsverordnung (EU) 2015/1375 (vormals Verordnung (EG) Nr. 2075/2005, gestützt auf Verordnung (EG) Nr. 854/2004) ist die Trichinenuntersuchung Bestandteil der amtlichen Schlachttier-und Fleischuntersuchung bei untersuchungspflichtigen Schlachttieren. Nach § 4 Tier-LMHV gibt es unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen von der amtlichen Fleischuntersuchung für Wild; die amtliche Trichinenuntersuchungspflicht bleibt jedoch bestehen. Eine Trichinenuntersuchung ist grundsätzlich durch den Jäger zu veranlassen, wenn für den eigenen häuslichen Gebrauch Fleisch verwendet oder an Dritte abgeben werden soll. Ausgenommen hiervon ist nur Wild, das über zugelassene Wildbearbeitungsbetriebe nach Verordnung (EG) Nr. 853/2004 in Verkehr gebracht werden soll. Die Behörde kann entsprechend geschulte Jäger (Jagdpächter, Jagdaufseher oder auch Begehungsscheininhaber) auf Antrag mit der Probennahme bei Schwarzwild und Dachsen beauftragen. Die Beauftragten müssen jederzeit Zugang zu dem beprobten Stück Wild haben, damit bei einer positiven Probe die Behörde sofort Zugriff auf das Stück hat.

Trichinenuntersuchung

Aufgrund des hohen zoonotischen Potenzials ist für empfängliche Tierarten eine Untersuchung auf Trichinellen (Trichinella spp.) gesetzlich vorgeschrieben. Dazu wird dem Tierkörper eine Fleischprobe, meist aus dem Zwerchfell, dem Antebrachium oder der Zunge, entnommen und im Labor mittels der sog. “Verdauungsmethode” (Digestionsmethode) untersucht. Hierbei wird die „Verdauung“ des Fleisches im Magen künstlich simuliert. Die Larven werden dadurch aus der Muskulatur freigesetzt und können mikroskopisch nachgewiesen werden.
Als potentielle Träger von Trichinen gelten auch alle Fleisch- und Aasfressenden Vögel, z.B. Rabenvögel, die nach dem Jagdrecht erlegt werden dürfen und prinzipiell auch der menschlichen Ernährung als Lebensmittel zugeführt werden könnten. Sie sind gemäß Anhang III e) iv) der Verordnung (EU) Nr. 2015/1375 grundsätzlich untersuchungspflichtig auf Trichinen.
Gemäß Verordnung (EG) Nr. 882/2004 und der Umsetzung in nationales Recht ist ab dem 01.01.2014 die Untersuchung von Fleischproben auf Trichinen nach der Digestionsmethode nur noch in „akkreditierten“ Laboren zulässig. Damit soll in der EU ein flächendeckend gleichmäßig hoher Standard erreicht werden.

Weltpremiere: Zwei Trichinenarten in einem Wildschwein entdeckt

Im Jahr 2006 machte eine Meldung Schlagzeilen: Weltweit wurde die erste Mischinfektion von Trichinella spiralis und Trichinella pseudospiralis bei einem auf der Insel Usedom erlegten Wildschwein nachgewiesen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) teilte mit, dass diese Entdeckung Konsequenzen für die Untersuchung von Wildfleisch hat.
Der Fund von Usedom bedeutet, dass Wildschweinfleisch künftig neben der Untersuchung auf Trichinella spiralis auch auf einen Befall mit Trichinella pseudospiralis untersucht werden muss. Hierfür reicht die klassische Untersuchung mit dem Trichinoskop (= Quetschmethode, damals Trichinenschau genannt) nicht aus: Im Gegensatz zu Trichinella spiralis fehlt Trichinella pseudospiralis nämlich die typische Kollagenkapsel. Die Larven können deshalb leicht mit Muskelfasern verwechselt werden. Aus diesem Grund ist für den Nachweis von Trichinella spp. die künstliche Verdaumethode Vorschrift geworden.

Nachfolgende Artikel zur Trichinenuntersuchung finden Sie in den Ausgaben 11/2011 und 01/2014 der „Jagd in Bayern“:

Trichinenuntersuchung 11/2011
Trichinenuntersuchung 01/2014