Filarien – seltene Parasiten beim heimischen Rehwild und Erreger der Filariose

Unser Rehwild leidet nicht nur unter den bekannten Ektoparasiten wie Zecken und Haarlingen, sondern häufig auch unter Endoparasiten wie Magen-Darmwürmern und Würmern in der Lunge. Parasiten in anderen Körperorganen oder im „Innenraum“ bei Rehen kommen dagegen eher selten vor.

In der letzten Zeit scheinen sich allerdings Beiträge in den neuen Medien, z.B. in den Gruppen bei Facebook über beobachtete Würmer auf der Muskulatur, in der Unterhaut oder frei in der Bauchhöhle zu häufen, auch erreichten uns schon etliche telefonische Anfragen.

Aus dem Grund wollen wir Ihnen diese Innenparasiten, die Filarien, näher vorstellen.

Vorkommen bei Tieren

Beim Aufbrechen oder im Rahmen von pathologisch-anatomischen Untersuchungen von Rehen können v.a. im Süden Deutschlands, aber auch in Österreich, der Schweiz, Tschechien, der Slowakei, Polen und Ungarn bisweilen einzelne, aber durchaus auch mehrere dieser Rundwürmer (Klasse der Nematoden, zu denen auch die Spulwürmer gehören), die sogenannten Filarien, entdeckt werden.

Das Vorliegen dieser Filarien im Organismus, die wegen ihres Aussehens zu den Fadenwürmern gerechnet werden, bewirkt die Krankheit Filariose, auch wenn beim Wirtstier klinische Erscheinungen selten sind. Meist werden nur geringe entzündliche Reaktionen, z.B. der Lymphknoten verursacht. Ein Filarienfund bei befallenen Tieren ist deshalb eher zufällig.

Die meist nur wenige Zentimeter langen, fadendünnen, weißen Unterhautfilarien der Gattungen Dipetalonema und Onchocerca sowie in der Bauchhöhle parasitierende Filarien der Gattung Setaria wurden im Rahmen von Laboruntersuchungen bei Reh-, Rot- und Damwild bislang häufiger nachgewiesen. Neben dem Rehwild gelten auch Elche und Rentiere in Finnland sowie Yaks, Büffel, Bisons und Schafe als Wirtstiere.

Humanpathogen sind die Parasiten nicht, keine der Filariosen, die durch die oben genannten Filarien hervorgerufen werden, gilt als Zoonose (auf Menschen übertragbare Krankheit).

Ein weiter Vertreter der Filarien ist der Herzwurm von Hundeartigen (Dirofilaria immitis), der die ernstzunehmende Herzwurmkrankheit (Dirofilariose) verursacht. Die befallenen Tiere zeigen mit der Entwicklung der reifen Würmer (ca.6 Monate nach der Infektion) in Abhängigkeit vom Befallsgrad eine reduzierte Leistungsfähigkeit und ermüden schnell. Es entwickelt sich eine Herzinsuffizienz (rechte Seite) mit Atemnot, Husten und Ödembildung.  Daraus kann auch ein Leber- und Nierenversagen entstehen.

Die Therapie ist kompliziert, da Herzwürmer zwar bei verschiedenen Wirkstoffen absterben, aber bei starkem Wurmbefall durch das massive Absterben von Filarienstadien und die dadurch resultierende Toxinfreisetzung eine Embolie oder ein anaphylaktischer Schock hervorgerufen werden kann.

Filariosen beim Menschen

Die Filariosen des Menschen sind tropische Parasitosen, die durch eine Infektion mit verschiedenen Filarienarten, welche durch den Stich von Mücken oder Bremsen (die Vektoren) auf den Menschen übertragen werden, hervorgerufen werden. Je nach Wurmart werden verschiedene Typen der Filariose mit ganz unterschiedlichen Symptomen unterschieden.

Generell werden die Filariosen in drei Gruppen aufgeteilt:

  • lymphatische Filariose: Die Würmer kommen vor allem in den Lymphgefäßen vor.
  • Subkutane Filariose: Die Würmer leben direkt unter der Haut.
  • Seröse Filariose: Die Würmer besiedeln den Bauchraum oder den Brustkorb.

 

In Deutschland tritt die Filariose nicht auf, jedoch können Reisende davon betroffen sein. Man schätzt aber, dass weltweit ca. 100 bis 200 Millionen Menschen mit Fadenwürmern infiziert sind. Insbesondere die Bevölkerung in Entwicklungsländern ist betroffen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt die Filariosen zu den sogenannten vernachlässigten tropischen Erkrankungen („neglected tropical diseases“). Damit bezeichnet sie Erkrankungen, die bislang nicht ausreichend wissenschaftliche und medizinische Beachtung erhalten haben. „Neglected“ bedeutet jedoch keinesfalls, dass es sich um seltene oder harmlose Erkrankungen handeln würde.

  • Diagnostik

Abhängig von der Art der Filariose erfolgt die Diagnosestellung über den Nachweis von Filarienlarven, den Mikrofilarien im Blut und der Lymphflüssigkeit. Im Blutserum können mit bestimmten Verfahren der Serodiagnostik Antikörper und Antigene nachgewiesen werden.

Mikrofilarien können teilweise zu artspezifischen Tageszeiten, z.B. nachts im Patientenblut nachgewiesen werden als ein Zeichen, dass die Mikrofilarien auf das Blutsaugverhalten bestimmter Vektorarten, z.B. Mücken abgestimmt sind. Andere zeigen dagegen kein periodisches Auftreten und sind zu jeder Uhrzeit nachweisbar. Wieder andere Mikrofilarien sind nur in der Unterhaut nachzuweisen.

  • Behandlung

Die Prognose der Filariose hängt davon ab, wie groß die Zahl der aufgenommenen Erreger ist und wie lange sich der Betroffene in den Tropengebieten aufhält. Während der Filariose ist das Immunsystem geschwächt und der Körper ist umso anfälliger für weitere Erkrankungen. Gerade in den Tropen können durch weitere Infektionen lebensgefährliche Komplikationen entstehen.

Die erwachsenen Würmer können im Wirt einige Jahre überleben. Es kann mehrere Monate bis Jahre dauern, bis Mikrofilarien im Blut erscheinen, sodass eine Infektion erst spät oder gar nicht bemerkt wird. Je früher richtig behandelt wird, desto besser ist die Prognose.

Bei der Behandlung der verschiedenen Filariosen werden in der Regel unterschiedliche Medikamente, die gegen Wurminfektionen wirksam sind, sogenannte Antihelminthika eingesetzt.

Grundsätzlich werden die Filarien durch diese Medikamente sehr wirksam abgetötet.

Bei manchen Filariosen löst das Absterben der Würmer eine starke Immunreaktion im Körper aus, so dass zusätzlich Kortison gegeben werden muss. Durch dieses entzündungshemmende, immundämpfende Medikament wird eine mögliche überschießende Immunreaktion verhindert, die ansonsten einen allergischen Schock auslösen könnte, der zum Tod führen kann.

Biologie und Übertragung der Filarien bei unserem Schalenwild

Die weiblichen Filarien sind lebendgebärend und meist doppelt bis vierfach so groß wie die männlichen Würmer. Die Männchen wandern zwischen den Weibchen, die mehrere Reproduktionszyklen im Jahr haben, umher.

Die adulten Würmer der Unterhautfilarien sitzen, wie der Name sagt, subkutan in der Schulter- und Lendengegend sowie in der Unterhaut von Oberarm und Oberschenkel bzw. im Bindegewebe v.a. der Karpal- und Tarsalgelenke. Aufgrund ihrer Größe werden diese beim Aufbrechen bzw. beim Aus-der-Decke-schlagen entdeckt.

Die Erstlarven, die sogenannten Mikrofilarien, sind nur wenige Mikrometer (µm) groß und nicht mit dem bloßen Auge zu entdecken. Diese kommen zusätzlich in der Haut von Nasenrücken, Ohrmuscheln und dem unteren Teil der Läufe vor. Die Auswanderung an diese exponierten Stellen stellt sich als höchstangepasst an ihre Vektoren bzw. Zwischenwirte, blutsaugende Arthropoden, z.B. Zecken dar. Die Zeckennymphen im Kopfbereich nehmen beim Saugakt diese Mikrofilarien auf. Anschließend entwickeln sich die „Jungzecken“ durch Häutungen zur adulten Zecke, parallel reifen die Mikrofilarien zu infektiösen Larven innerhalb von zwei Monaten in diese Zecke heran.

Neben Zecken fungieren auch Stechmücken/Kriebelmücken/Gnitzen als „Träger“ und übertragen mit ihrem Speichel beim Blutsaugen die Filarienstadien auf den Endwirt, z.B. das Reh.

Die blutsaugenden Insekten bzw. Spinnentiere fungieren sowohl als Vektoren („Träger“ der Filarienlarven) als auch als Zwischenwirte (Entwicklung und Reifung der Filarien selbst).

Krankheitsbild beim Wirtstier

Adulte Stadien der Bauchhöhlenfilarie Setaria sind in der Bauchhöhle – und hier oft unter den Organhäuten, z.B. von der Leber – anzutreffen, und führen manchmal zu einer Bauchfellentzündung (Peritonitis). Das befallene Organ zeigt teilweise eine Entzündungsreaktion in Form einer Verdickung. Bei einem stärkeren Befall kann es bei Jungtieren zu einem reduzierten Allgemeinbefinden, einer herabgesetzten Kondition und einem beeinträchtigten Fellwechsel kommen.

Wanderungen der Filarien zwischen oder unter den Gehirn- und Rückenmarkshäuten können zu Gehirn-/Rückenmarksentzündungen mit Ausfallerscheinungen, Lähmungen und Todesfällen, v.a. in Fehlwirten wie Schaf, Ziege und Pferd führen. Auch eine Wanderung entlang der Nerven zum Auge ist möglich. Eine Infektion vom Muttertier auf den Fötus über die Plazenta ist in der Literatur beschrieben.

Beschrieben sind aber auch Filarienarten, bei denen die Weibchen mehrere 10 cm lang werden. Diese „Riesenwürmer“ (bis zu 90 cm) sind beim Aufbrechen von erlegtem Wild oder im Rahmen von Schlachttieruntersuchungen keinesfalls zu übersehen. Bei dieser Parasitengröße reagiert die Unterhaut mit ausgeprägten granulomatösen Entzündungen, sogenannten Wurmknoten.

Wildbrethygiene im Zusammenhang mit dem Parasitenbefall

Wenn Wildbret bei der Begutachtung aufgrund der mit bloßem Auge sichtbaren Parasiten als ekelerregend beurteilt würde, ist es ein für den menschlichen Verzehr ungeeignetes Lebensmittel (im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 178/2002).

Da Wildfleisch in der Regel nicht roh verzehrt wird, ist durch den Garvorgang ein Abtöten von möglichen (unsichtbaren) Krankheitserregern, somit auch dieser Parasiten gegeben.
Das Vorliegen eines einzelnen (weil sichtbar gewordenen) Fadenwurms gilt per se nicht als „bedenkliches Merkmal“, wenn ansonsten keine weiteren Auffälligkeiten oder „bedenklichen Merkmale“, wie z.B. Abgekommenheit, Lungenentzündung, Verhaltensstörung vorliegen. Ein Massenbefall führt selbstverständlich zur Einstufung als „ungeeignetes Lebensmittel“.

Auswirkung auf Verbreitung der Filarien im Zusammenhang mit Klimawandel

Die klimatischen Veränderungen haben bereits dazu geführt, dass Krankheiten, die früher in Deutschland nicht auftraten, aktuell werden, die „klimaabhängigen Krankheiten“. Eine Ursache könnte das Auftreten spezieller Vektorarten (bestimmte Zecken oder Moskitoarten) sein, die es bisher in unseren Breiten nicht gab.

In dem Zusammenhang muss die Blauzungenkrankheit (Bluetongue-Disease) und die Schmallenbergvirus-Infektion genannt werden, ebenfalls durch Gliederfüßer (Arthropoden), wie Spinnen und Insekten übertragene Krankheiten.

Aber nicht nur Viren können durch Insekten übertragen werden. Im Fall der Filarien dienen die Mücken zum Beispiel nicht nur als Vektoren (Transportwirt), sondern auch als Zwischenwirte (mindestens ein Entwicklungsschritt der Filarien findet im Insekt statt). Nicht nur die Stechmücken zieht es in die wärmer werdenden Gebiete, auch die Entwicklung der Mikrofilarien zu infektiösen Larven ist temperaturabhängig. Ferner ist die Stich-/Saugfrequenz bei höheren Temperaturen erhöht. Somit ist nicht nur das „Filariengeschehen“ in den warmen Monaten präsent, sondern es kann auch eine Ausbreitung der Filarien nach Norden erwartet werden.