„Dasselfliegen-Gefahr“

Dasselfliegen, manchmal auch Biesfliegen genannt, werden zoologisch zur Familie der Fliegen gezählt. Dasselfliegen stammen von schmeißfliegenähnlichen Vorfahren ab.

Die adulten Dasselfliegen, von denen weltweit ca. 65 Arten vorkommen  (andere Autoren sprechen von mind. 100 Arten), sind mittelgroße, dickliche, oft pelzig behaarte Fliegen mit gutem Flugvermögen und weitgehend zurückgebildeten Mundwerkzeugen. Das Leben der adulten Fliegen ist nämlich nur auf die Fortpflanzung ausgerichtet und mit 1-3 Wochen sehr kurz, in eine Nahrungsaufnahme wird daher von ihnen nicht groß investiert. Die Aufnahme von Wasser kann jedoch beobachtet werden. Die Fliegen können, anders als Bremsen, mit denen sie verwechselt werden, weder beißen noch stechen. Ihre Schadwirkung wird von ihren Larven verursacht.

Historisch und regional spricht man im Zusammenhang mit den Dasselfliegen oft von Bremsen oder Brämen, Artnamen wie  Schafbremse oder Pferdemagenbremse sind weit verbreitet. Als „echte“ Bremsen werden biologisch aber tatsächlich nur die Vertreter einer anderen Zweiflüglerfamilie, den Tabanidae, bezeichnet. Das sind die „schrecklichen Viecher“, die auch uns Menschen als adulte Insekten spürbar stechen können und dicke und schmerzhafte Quaddeln verursachen.

Befall mit Dassellarven, den Entwicklungsstadien der Dasselfliegen

Alle bekannten Dasselfliegenarten sind Säugetierparasiten, vor allem bei Paarhufern und Unpaarhufern. Nur sehr wenige Arten befallen Nagetiere und Hasenartige. Dabei sind jedoch nicht die adulten Fliegen, sondern deren tonnenförmige  Larven die eigentlichen Übeltäter. Ein Befall beim Menschen kommt vor allem in den tropischen Regionen der Erde vor.

Die Dasselfliegen besitzen eine hohe Wirtsspezifität und sind gut an ihre Wirte und hier sogar an bestimmte Körperregionen bzw. Gewebe angepasst. So kennen wir beispielsweise die  Rinderdasselfliege, die Hirschdasselfliege , die Rehdasselfliege oder auch die Rentierdasselfliege.

Dasselfliegen lassen sich je nach „Wirkungsort“  in drei Unterfamilien einteilen:

Rachendasselfliegen

Nasendasselfliegen

Hautdasselfliegen

Die parasitisch lebenden Dasselfliegenlarven, kurz Dassellarven oder Dasseln,  entwickeln sich je nach Unterfamilie in unterschiedlichen Körperregionen der Wirte. So wachsen die Nasendassellarven in den Schleimhäuten der Nase und in den Nasennebenhöhlen der Wirte heran, die Rachendasseln leben bevorzugt im Rachenraum und die Hautdasseln im Bindegewebe unter der Haut und ernähren sich von abgestorbenem Gewebe bzw. Gewebsflüssigkeit.

Oft werden auch die Magendasselfliegenarten  bzw. Magenbremsen, wie sie umgangssprachlich auch heißen, zu den Dasselfliegen gezählt. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die unangenehme Pferdemagenbremse zu legen (siehe „Sonderfall“ Pferdemagenbremse).

Fortpflanzung und Eiablage

Zur Paarung treffen sich die geschlechtsreifen Tiere meist an erhöhten Plätzen, nicht selten über Hügeln zur Gipfelbalz, ähnlich wie manche Schmetterlingsarten. In den Vormittagsstunden sonniger Sommertage kann man gelegentlich die etwa 1,2 bis 1,5 cm langen, plumpen, stark behaarten erwachsenen Fliegen bei ihrem Paarungsflug  in Schwärmen beobachten.

Die Weibchen fliegen nach erfolgter Begattung sehr selektiv bestimmte Körperregionen ihrer Wirtstiere an, um hier Eier oder Larven zu platzieren.

Die Weibchen der Hautdasselfliegenarten  legen die Eier ins Fell des Wirtes (bevorzugt an den Hinterläufen), während Weibchen der Nasen- und Rachendasselfliegenarten bereits fertige  Larven im Flug  in die Nase oder Augenregion des Wirtstieres  spritzen.

Die Wirtstiere versuchen, meist erfolglos, die in ihre Atemwege „hingeschossenen“  Larven auszuhusten oder auszuniesen, angeklebte Eier oder Larven abzuschütteln oder abzustreifen. Rinder und Pferde geraten schon beim Flugton der Dasselfliegen in Panik und ergreifen die Flucht (“Biesen”).

Rachendasselfliegen

Rachendasselfliegen sind weit verbreitet und relativ häufig.

Die höchstens zwei bis drei Wochen lebenden Weibchen sind lebendgebärend. In ihrem Genitaltrakt befinden sich bis zu 500 Junglarven, die von dem Weibchen während des Fluges in die Nasenöffnungen der Wirtstiere gespritzt werden, auch wenn sie damit zum Teil heftige Abwehrbewegungen der Wirtstiere hervorrufen.

Die nur 1 mm langen Larven wandern in die Nasenhöhle oder Mundhöhle und parasitieren bis zum März des folgenden Jahres auf der Schleimhaut der Riechmuscheln, im Rachen und am Zungengrund. Die Larven verfärben sich hier von weiß über gelb zu hellbraun.

Die eigentlichen Schäden verursachen die Larven des zweiten und dritten Stadiums, die eine Länge von 2,5 bis 4 cm erreichen können.

Gelangen sie mit dem Luftstrom in die Lunge, was gelegentlich geschieht, so kommt es zumeist zu größeren Schädigungen, Lungenentzündungen und auch Sekundärinfektionen.

Die verpuppungsreifen, dunkelbraunen und ziemlich unbeweglichen Larven werden dann ausgeniest oder ausgehustet. Sie bohren sich in den Boden ein, und nach einer Puppenruhe von drei bis sechs Wochen schlüpfen die erwachsenen Fliegen. Diese sind unmittelbar nach dem Schlupf geschlechtsreif.

Nasendasselfliegen

Ihre Flugzeit hängt sehr stark von den jeweiligen klimatischen Verhältnissen ab und liegt in Europa hauptsächlich im Spätsommer. Die mit etlichen hundert Larven trächtigen Dasselfliegenweibchen müssen beim „Ausspritzen“ ihrer Larven extrem schnell reagieren und manövrieren, da sie diese im Flug zielgerichtet in die Nasenlöcher der Wirte einschießen oder die Larven in einem Flüssigkeitstropfen in der Nähe der Nasenöffnungen oder an den Augenschleimhäuten absetzen. Dabei ist häufig zu beobachten, dass die Wirtstiere durch Schütteln des Kopfes oder deren Verbergen zwischen den Vorderläufen und auch Andrücken am Boden dem zu entgehen versuchen, meist erfolglos.

Die Larven der Nasendasselfliegen leben dann etliche Monate in den Nasen- und Stirnhöhlen der Wirtstiere und nehmen durch mehrere Häutungen deutlich an Größe zu.

Die verpuppungsreifen, etwa 3 cm langen und bräunlichen, starren Larven werden im darauffolgenden Frühjahr/Sommer ausgeniest oder ausgehustet und verpuppen sich im Boden oder in der Moos- bzw. Laubschicht. Sofort nach ihrem Schlupf nach einem Monat fliegt eine geschlechtsreife neue Dasselfliegengeneration auf der Suche nach passenden Wirtstieren umher.

Schadwirkung Rachen- und Nasendassel

Die befallenen Wirtstiere fallen erst im Frühjahr bzw. Frühsommer durch Husten, Niesen, Schnarchlaute und Hauptschütteln auf. Mit dem Heranwachsen der Larven sind zumeist Schleimhautentzündungen sowie Niesen und eitriger Ausfluss verbunden. Dringen Larven zum Gehirn vor, führt dieses fast immer zu zentralnervösen Störungen (Falsche Drehkrankheit) und dann innerhalb weniger Tage zum Tod.

Infolge der verursachten Atem- und Schluckbeschwerden sind ein vermindertes Wachstum, eine Abnahme des Körpergewichtes (gestörte Nahrungsaufnahme), ein späteres Verfärben und erhöhte Anfälligkeit gegen Infektionskrankheiten zu beobachten. Ein „schlechtes“ Gehörn oder Geweih ist oft ein Anzeichen von Dasselbefall.

Bei einem Massenbefall vor allem junger Stücke kann es auch zu Todesfällen durch Ersticken kommen. Todesfälle können auch durch Einatmen der Larven in die Lunge mit nachfolgender Lungenentzündung verursacht werden. Die Krankheitserscheinungen sind vom Grad des Befalls abhängig und stellen in manchen Revieren ein großes Problem dar. Mancherorts  sind mehr als 50 Prozent des Rehwildes durch Larven einer spezifischen Rachendasselfliege  befallen.

Kranke Tiere sollten aus Tierschutzgründen geschossen werden. Um die Larven aus dem Naturkreislauf sicher zu entnehmen,  müssten sie durch Überbrühen oder Verbrennen getötet werden.

Das Wildbret ist nach Entfernung der Parasiten dann genusstauglich, sofern keine „bedenklichen Merkmale“, wie z.B. Abgekommenheit, abnorme Verhaltensweisen, Haut- und Felldefekte etc. vorliegen. Ein Dassellarvenbefall alleine ist kein „bedenkliches Merkmal“.

Hautdasselfliegen

An heißen und sonnigen Tagen in der Zeit von Mai bis August fliegen die ungemein zudringlichen Weibchen mit ausgestülpter Legeröhre die Wirtstiere an, um in Sekundenschnelle ihre Eier abzulegen. Dieses geschieht bevorzugt an Hinterläufen, Flanken und Unterbauch. Die Eier haften durch eine gewisse „bauliche Vorrichtung“  fest im Fell des Wirtstieres an.

Die Dasselfliegenweibchen müssen schnell sein, denn ihr Flugton versetzt die Wirtstiere oft in einen Erregungszustand. In panischer Angst ergreifen sie dann oft die Flucht. Der Aufenthalt im Schatten, in der Nähe von Wasserstellen oder im Wasser vermag sie teilweise vor den legereifen Weibchen der Hautdasselfliegen zu schützen, da diese schattige und feuchte Standorte meiden.

Je nach Dassenfliegenart gelangen die Eier auf unterschiedlichen Wegen in den Körper. Wenn  aus den an den  Haaren des Wirtstieres angeklebten Eiern die Larven schlüpfen und diese aufgeleckt  werden, weil sie dem Wirtstier lästig erscheinen, gelangen diese in den Magen. Nach dem  Umherwandern  durchbohren  die  Larven  die  Muskelschicht  des  Magens  und  streben dem Wirbelkanal  zu,  vor allem in der Rücken- und Lendengegend. Von den Larven abgegebene Verdauungsenzyme lösen die Gewebe auf ihrem Weg auf, über feine Kontraktionswellen schiebt sich die Larve voran.

Über die  Wirbellöcher  gelangen sie in  das  Unterhautbindegewebe  und erzeugen hier durch abgegebene Enzyme die sogenannten  Dasselbeulen,  bindegewebige, bis taubeneigroße Kapseln. Ein Ausführungsgang zum Atmen an die Oberfläche wird von den  Larven  stets von  Verstopfungen  freihalten.

Bei einem anderen Entwicklungsweg dringen die 0,5 mm große Larven nach dem Schlüpfen aus den Eiern nach wenigen Tagen in die Haut ein und wandern entlang der peripheren Nervenbahnen durch verschiedene Körperregionen in die Rückenregion, wobei sie durch Aufnahme zersetzter Körpersubstanz der Wirtstiere erheblich an Größe zunehmen. Während dieser Wanderung passieren viele Larven den Wirbelkanal, wodurch vorübergehende Lähmungen ausgelöst werden können.

Das Wirtstier wehrt sich gegen die unter der Haut liegenden Larven durch Bildung der Dasselbeulen. Hier in den oft entzündeten und eitrigen Beulen wachsen die Larven in den folgenden drei Monaten und über mehrere Häutungen zu einer Länge von 2,5 bis 3 cm und einer Dicke von ca. 1 cm heran. Jede Dasselbeule enthält eine Larve, die sich eine Atemöffnung geschaffen hat. Die reifen Larven verlassen viele Monate später, im Frühsommer des nächsten Jahres in den frühen Morgenstunden durch den Hautkanal ihren Wirt, fallen zu Boden, bohren sich dort in die obersten Erdschichten ein und verpuppen sich. Wenn nach etwa 30 bis 40 Tagen „Puppenruhe“ die geschlechtsreifen, „fertigen“ Fliegen geschlüpft sind, verpaaren sie sich sofort und der Zyklus beginnt von vorne.

Schadwirkung Hautdassel

Ein geringer Befall durch Hautdasselfliegenlarven ist bedeutungslos. Die meist beobachteten Folgen sind Abmagerung, schlechte Entwicklung der Jungtiere und eine Entwertung der Haut.

Bei geschwächten, jungen oder auch überalten Stücken kommt es manchmal zu einem Massenbefall. Dieser beeinträchtigt nicht nur Allgemeinbefinden, durch das Scheuern aufgrund des Juckreizes sind zusätzlich bakterielle Sekundärinfektionen möglich. Die betroffenen  Stücke krümmen häufig ihren Rücken, auch Todesfälle können vorkommen.

Wild, das Dasselbeulen erkennen lässt, sollte geschossen werden. Die Larven sollten durch Verbrennen oder Überbrühen vernichtet und so dem Naturkreislauf entnommen werden.

Die wirtschaftliche Bedeutung besteht vor allem in Leder- bzw. Fellschäden („Schusshäute“).

Das Wildbret ist nach Entfernung der Larven und des umliegenden Wildbrets nur dann genusstauglich, solange bei der „Lebendbeschau“ und bei der „Todbeschau“ keine „bedenklichen Merkmale“ vorlagen, ein Befall mit Dassellarven alleine ist kein „bedenkliches Merkmal“. Allerdings kann nach dem Aus-der-Decke-schlagen allein der Anblick der „zersetzten“ und „sulzigen“ Hautareale jedoch schon  „Ekel-erregend“ sein, so dass sich ein Verzehr bzw. eine Vermarktung ausschließen.

Durch (die wohl angeborenen) panikartigen Reaktionen der Wirtstiere kann es auch leicht zu Verletzungen kommen.

Sonderfall: Pferdemagenbremse

Pferdebesitzer haben mit einem besonders „gefürchteten“ Fluginsekt zu kämpfen, der Pferdemagendasselfliege oder Pferdemagenbremse.

Die Eier der Dasselfliege werden im Juli und August an Vorderbeinen, Schultern, Mähne und Maulbereich des Pferdes abgelegt bzw. geklebt. Wer mal versucht hat, die ablegten Eier mit Bürsten oder dergleichen zu entfernen, weiß, mit welcher Sorgfalt die Dasselfliege bei der Eiablage vorgeht. Durch Belecken und Kratzen nehmen die Pferde die geschlüpften Larven auf, die sich dann mit kleinen Haken in der Magenschleimhaut verankern. Die Dasselfliege schafft so eine komfortable Möglichkeit der Überwinterung für ihre Nachkommen, denn erst im folgenden Frühjahr werden sie mit dem Kot wieder ausgeschieden. Im Freien angekommen, verpuppen sich die Larven, woraus nach einigen Wochen dann die nächste Generation Dasselfliegen schlüpft.

Bereits der charakteristische Brummton kann bei Pferden Panik auslösen und zu Unfällen führen. Letztendlich sind es die pathogenen Eigenschaften der Larven in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien, die zu Problemen führen. Die bis zu 1,5 cm großen Larven im Magen und Enddarm ernähren sich von Blut, Lymphflüssigkeit und Zellen. Reife Larven werden mit dem Kot im Mai oder Juni ausgeschieden und verpuppen sich im Boden. Nach 30 bis 40 Tagen schlüpfen die – dann bereits geschlechtsreifen – Dasselfliegen und die nächste Generation kann mit der erneuten Eiablage beginnen.

Als mögliche Schäden kommen neben häufigen Darm- und Magenschleimhautentzündungen, Anämien, Abmagerung, Leistungsabfall, auch eine Geschwürbildung bis hin zum Magendurchbruch sowie Koliken in Betracht.