Forstliches Gutachten
Die Bayerische Forstverwaltung erstellt seit 1986 alle drei Jahre für die rund 750 bayerischen Hegegemeinschaften Forstliche Gutachten (FG) zur Situation der Waldverjüngung (kurz Vegetationsgutachten). In den Gutachten werden die Situation der Waldverjüngung sowie ihre Beeinflussung durch Schalenwildverbiss und Fegeschäden bewertet. Die Verbisssituation in der Hegegemeinschaft wird dabei in vier Stufen bewertet: günstig, tragbar, zu hoch, deutlich zu hoch. Die Abschussempfehlung lautet dann: deutlich senken, senken, beibehalten, erhöhen, deutlich erhöhen. Dies dient der Unteren Jagdbehörde als Entscheidungsgrundlage für die Abschussplanung.
In den Hegegemeinschaften, bei denen im vorangegangenen Gutachten die Verbissbelastung als “zu hoch” oder “deutlich zu hoch” bewertet wurde (“rote” Hegegemeinschaften), erstellen die Forstbehörden für alle Jagdreviere ergänzende Revierweise Aussagen. In den “grünen” Hegegemeinschaften (Verbissbelastung “günstig” oder “tragbar”) werden Revierweise Aussagen auf Antrag für einzelne Reviere erstellt. Dieser muss fristgerecht vom Jagdvorstand, Eigenjagdbesitzer, Revierinhaber oder einzelnen Jagdgenossen beim zuständigen AELF eingereicht werden.
Vor der endgültigen Fertigung der Revierweisen Aussage wird den Beteiligten ein gemeinsamer Waldbegang angeboten, bei dem der Entwurf der Revierweisen Aussage vorgestellt und an konkreten Waldbildern erläutert wird. Diese Option sollte unbedingt genutzt werden.
Forstliches Gutachten im Detail
Artikel 32 Abs. 1 BayJG
“Bei der Abschussplanung ist neben der körperlichen Verfassung des Wildes vorrangig der Zustand der Vegetation, insbesondere der Waldverjüngung zu berücksichtigen. Den zuständigen Forstbehörden ist vorher Gelegenheit zu geben, sich auf der Grundlage eines forstlichen Gutachtens über eingetretene Wildschäden an forstlich genutzten Grundstücken zu äußern und ihre Auffassung zur Situation der Waldverjüngung darzulegen.”
Das FG dient seit 1986 zur Entscheidungsfindung bei der Abschussplanung. Das FG ist die fachliche Stellungnahme der Forstbehörde gegenüber dem Landratsamt, welches den Abschussplan festsetzt.
Die wichtigste Grundlage des FG ist die in dreijährigem Turnus mit einem Stichprobenverfahren durchgeführte Aufnahme der Verbissbelastung der Verjüngungen.
Die Inventur wird in einem Turnus von drei Jahren im Frühjahr des jeweiligen Jahres durchgeführt. Zuletzt fand sie im Jahr 2018 statt. Sie wird voraussichtlich 2021 erneut durchgeführt werden.
Die Aufnahme erfolgt durch die Förster/-innen der Bayerischen Forstverwaltung. Vertreter der Hegegemeinschaft und die Revierpächter können an den Außenaufnahmen teilnehmen.
Die Auswertung der Inventurdaten erfolgt durch die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in Freising. Diese leitet die Ergebnisse an die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten weiter. Die Ämter stellen die Inventurergebnisse vorab den betroffenen Jagdvorständen, Eigenjagdbesitzern und Revierinhabern zur Verfügung, die dazu Stellung nehmen können.
Nach der Vorstellung im Bayerischen Landtag veröffentlicht das Bayerische Staatsministerium die Ergebnisse auf der Homepage sowie als Handbuch. Gleichzeitig versenden die ÄELF die einzelnen Hegegemeinschaftsergebnisse samt Anlagen an die zuständigen unteren Jagdbehörden. Die unteren Jagdbehörden geben Kopien an folgende in der jeweiligen Hegegemeinschaft unmittelbar an der Abschussplanung Beteiligte weiter: Jagdvorstände, Eigenjagdbesitzer, Jagdrevierinhaber, Hegegemeinschaftsleiter.
Vertreter der Hegegemeinschaft können ebenso teilnehmen wie die Jagdpächter oder von ihnen beauftragte Vertreter und auch die Jagdgenossen. Der BJV vertritt den Standpunkt, dass es unbedingt empfehlenswert ist, die Verbissaufnahme seitens der örtlichen Jägerschaft zu begleiten und sich vom vorschriftsmäßigen Vorgehen der Forstbeamten zu überzeugen.
Begleiten Sie die Außenaufnahmen und bereiten Sie sich durch die Lektüre der Aufnahmeanweisung darauf vor.
Achten Sie darauf, dass nur eindeutig durch Schalenwild verursachte Beschädigungen als Verbissschäden aufgenommen werden.
Hier können Sie eine Anweisung für die Verbissaufnahme downloaden.
Nach dem Informationsfreiheitsgesetz können Sie die Daten anfordern. Das ermöglicht Ihnen ein kritisches Hinterfragen der Interpretation der Forstbehörde. Wenden Sie sich dafür mit einem formlosen Anschreiben an das zuständige AELF.
Die Verbissaufnahmen über eine Stichprobenerhebung sind aufwendig. Je kleiner die Erhebungseinheiten, desto mehr Stichprobenpunkte müssen aufgenommen werden. Daher erstreckt sich die Stichprobenerhebung nicht bis auf die Revierebene.
In ganz Bayern werden etwa 25000 Verjüngungsflächen aufgenommen. Bei etwa 750 Hegegemeinschaften sind das etwa 33 Verjüngungsflächen pro Hegegemeinschaft.
Die Beeinflussung der Verjüngung durch Schalenwild wird im FG in vier Stufen eingeteilt:
a) günstig
b) tragbar
c) zu hoch
d) deutlich zu hoch
Die Empfehlungen für die Festsetzung des Abschusses lauten: deutlich senken, senken, beibehalten, erhöhen, deutlich erhöhen.
Die Stichprobenerhebung wird von der Forstverwaltung als Grundlage einer Punktschätzung für das Verbissprozent verwendet.
Die Ausweisung eines Vertrauensbereichs für diese Punktschätzung wird nicht vorgenommen.
Liegt die Punktschätzung einer Erhebung etwas über (unter) der Punktschätzung einer vorherigen Erhebung, kann dadurch nicht beurteilt werden, welche Sicherheit die Aussage, das Verbissprozent sei gestiegen (gefallen), besitzt.
Der Fehler einer Schätzung aufgrund einer Stichprobe ist sehr stark vom Umfang der Stichprobe abhängig.
Als Untergrenze für Aussagen über eine Baumart sind 50 Stichprobenbäume vorgesehen. Solche Stichproben mit geringem Umfang sind mit erheblichen Fehlern behaftet. Dies wird jedoch gelegentlich nicht beachtet; es gibt Fälle, in denen die Forstbehörde auf unzureichender Grundlage Aussagen trifft.
Lassen Sie sich beraten, wenn Sie den Eindruck haben, eine solche Situation könnte in ihrer Hegegemeinschaft vorliegen. Fordern Sie dazu die Rohdaten an.
Es sollte eine fachlich fundierte rein an der Sache orientierte Stellungnahme der Behörde sein, aber viele Beispiele für sachliche Mängel und Stellungnahmen von Forstbeamten geben Grund zur Befürchtung der Befangenheit.
Auch wenn formal an die Stellungnahme der Forstbehörde nicht die Anforderungen angelegt werden, die vor Gericht an einen unabhängigen Sachverständigen angelegt werden, kann es sinnvoll sein, gegenüber den Landratsämtern auf Zweifel hinzuweisen.