Anmerkung zum Bild in der Box “Historisches” auf der Übersichtsseite

Es handelt sich hierbei um einen Holzschnitt “Bevölkerung der Jagden”: Das war einmal!  Heute widersprechen viele der historischen Jagdpraktiken unseren Werten und der Vorstellungen einer weidgerechten Jagd.

Diana, die Göttin der Jagd und ihre Nachfolgerinnen, Dr. S. Krieger-Huber

Was Artemis bei den Griechen, war Diana bei den Römern. Sie übernahmen schon vor der Zeitenwende fast vollständig die griechische Göttin Artemis als Diana in ihre römische Mythologie.


Diana mit Hunden und erlegtem Wild  Passauer Porzellanmanufaktur um 18oo

Diana, die Göttin der Jagd und der Wildnis, Herrin der Tiere, Beschützerin der Frauen und Mädchen, Helferin bei der Niederkunft, wurde von den Römern auch Mondgöttin genannt und daher häufig mit der Mondsichel im Haar dargestellt. Diana, die Tochter des Jupiter und der Latona und Zwillingsschwester des Apoll ist die jungfräuliche Göttin, die mit Männern auf dem Kriegsfuß stand. Ausgerüstet mit Bogen und goldenen Pfeilen, begleitet von ihren Hunden und den Nymphen, streifte sie als leidenschaftliche Jägerin durch die Wälder und ergötzte sich an der Verfolgung der schnellen Hirsche.

Der Göttersohn Aktäon, von den Zentauren zu einem erfahrenen Jäger ausgebildet, rühmte sich, sein Handwerk besser zu verstehen als Diana.

Während er mit seinen Hunden durch die Wälder jagte, überraschte er die entblößte Göttin beim Bad mit ihren Nymphen. Wutentbrannt verwandelte Diana ihn in einen Hirsch und nahm ihn auch die Sprache, damit er sich nicht rühmen konnte, sie nackt gesehen zu haben. Aktäon, den seine eigenen Hunde nicht mehr erkannten, wurde daraufhin von diesen zerrissen. Als eine von ihren Priesterinnen den Tempel durch die Annahme des Besuchs ihres geliebten Jünglings entweihte, bestrafte sie das ganze Land mit Pest und Seuchen, bis man ihr das schuldige Paar zum Opfer brachte. In der Dichtung richtete die Göttin auch auf ungerechte Menschen ihre schrecklichen Geschosse, sie erlegte diese mit verderblichen, Krankheit und Seuchen bringenden Pfeilen. Als aber Diana die noch mächtigere Göttin Juno zum Streit aufforderte, sprach Juno: „Das Wild auf den Bergen kannst du töten, aber nicht mit Mächtigeren streiten“. Sie nahm den Köcher von Dianas Schultern und schlug sie damit auf beide Wangen, dass die Pfeile zur Erde fielen. Gleich einer furchtbaren Taube vor dem Habicht, floh die stolze Göttin weinend und tief gedemütigt und lies ihren Köcher zurück.

Kultstätten für Diana fanden sich während der Kaiserzeit im gesamten römischen Reich. Zum Kult wurde auch ihre Darstellung in der Kunst der letzten Jahrhunderte. Diana mit Köcher, Pfeil und Bogen, Hirsch und Hunden, man findet sie als Skulptur in Versailles und in den fürstbischöflichen Parks von Würzburg oder Veitshöchheim , auf Gemälden, Gobelins, Mosaiken, Münzen oder als Porzellanfigur.

Berühmte Maler aller Jahrhunderte widmeten ihre Werke der göttlichen Jägerin: Dürer, Bruegel, Renoir, Cranach, Rubens, Tizian bis hin zu dem Wiener Zeitgenossen Ernst Fuchs. Unwillkürlich verbindet man den Namen „Diana“ mit der Jägerin, der Frau auf der Jagd. Die Jagd war ehemals vorwiegend ein höfisches Vergnügen. Darstellungen und Berichte belegen, dass adelige Damen schon im frühen Mittelalter nicht nur die Beizjagd pflegten, sondern auch auf Hirsch, Damwild, Hasen ,Kaninchen und sogar auf Wildschwein, Wolf und Bär jagten.

Von einigen Damen wird berichtet, dass sie bereits im ausgehenden Mittelalter und der Renaissance die Hetzjagd aktiv ausübten. Karl der Große (768-814) jagte in Begleitung seiner im „Spreizsitz“ reitenden Gemahlin und seiner 6 Töchter auf Wildschwein und Auerochse. Anne de Beaujeu (1460-1522), französische Königin, liebte die Wildschwein- und Wolfsjagd. Sie war eine hervorragende Reiterin und erfolgreiche Hundezüchterin. Ihre berühmteste Schülerin war die schöne Diane de Poitiers (1499-1565), einflussreiche Maitresse von König Henri II von Frankreich, besungen als „erste Jägerin von Frankreich“, die „ im gleichen Köcher Pfeile der Jagd und der Liebe hatte.“. Er baute ihr das fantastische Jagdschloss Chenonceau an der Loire, wohin sie sich 1559 nach dem frühen Tod ihres Geliebten zurückzog. Eine der berühmtesten Diana-Darstellungen ist das von einem unbekannten Meister stammende Gemälde der makellos schönen Diane de Poitiers als Diana mit dem Hirsch.


Diane de Poitiers (1499-1565) „erste Jägerin von Frankreich, Andre Castelot “Les Chateaux de la Loire” Geneve 1981

Das Bett von Diane de Poitiers ersteigerte Prinz Charles für seine erste Frau, Lady Di, der wohl berühmtesten Diana unserer Zeit. Auch die florentinische Catharina de Medici (1519-1589), Gemahlin von Henri II und Thronfolgerin nach dessen frühen Tod, verbrachte viel Zeit mit Pferden, Hunden und der Jagd. Sie machte in Frankreich den Damensattel populär und ritt mit bis zu 500 Herren beherzt auf den Hetzjagden. Von Anne Boleyn ( 1501-1536), der unglücklichen zweiten Gemahlin von König Heinrich VIII von England wird berichtet, dass sie die Jagd mit dem Bogen liebte.

Ihre Tochter, Königin Elisabeth I. von England (1533-1603), ritt noch 50-jährig jeden zweiten Tag auf die Jagd. Königin Isabella von Kastilien (1451-1504), erste Königin Spaniens, soll nicht nur Hasen und Hirsche sondern auch Wildschweine und gelegentlich sogar Bären erlegte haben. Eifrig jagte Liselotte von der Pfalz (1652-1722), Schwägerin König Ludwigs XIV. und Verfasserin von ca. 60 000 Briefen. Viele ihrer Aufzeichnungen berichten von der Jagd. Nichts bereitete ihr mehr Vergnügen, als ihren Schwager, der ihre urwüchsige Kraft schätzte, bei Wind und Wetter beritten auf die Jagd zu begleiten. Die aufwändigen Prunk-Jagdkostüme der Damen des französischen Hofs schaffte sie bald ab.


Liselotte von der Pfalz ( 1652-1722) im Jagdkostüm; Deutsches Historisches Museum “Hofjagd” Berlin 2002

Die Zugehörigkeit zum Adelsstand war im Mittelalter Voraussetzung für die Jagdausübung der Frau. Selbst Äbtissinnen und Priorinnen gingen gelegentlich ihrer Jagdpassion nach. Von allen Höfen Europas wird zu jeder Zeit über die Lust am Jagen berichtet. Nahtlos geht die Liste der jagenden Dianen in die Neuzeit über. Von ihnen seien ein paar bekannte Namen erwähnt. Margarete Trappe (1884-1957), deutsch-britische Farmerin und Großwildjägerin am Fuß des Kilimandscharo in Tansania, war Inhaberin der Lizenz als Professional Hunter. Nach der Scheidung von ihrem Mann und der Enteignung 1918 (Verlust der Deutschen Ost-Afrika Kolonien) fast mittelllos, schaffte sie für sich und ihre Familien durch professionelle Führung von Jagdgästen eine neue Existenz auf der berühmte Momella-Farm.

Karen von Blixen–Finecke, (1885-1962) in Dänemark geborene Schriftstellerin, war mit dem schwedischen Afrika-Großwildjäger Baron Bror Blixen-Finecke verheiratet. Sie wurde nicht nur durch ihre autobiografischen Afrika-Erlebnisberichte und zahlreiche fantastische Geschichten bekannt, sondern auch durch den mit 7 Oskars prämierten Film „Out of Afrika“. Während 17 Jahre bewegter, aber letztendlich missglückter Bewirtschaftung einer Kaffefarm in Kenia schildert sie malerisch und eindrucksvoll in vielen ausführlichen Briefen an ihre Mutter und ihren Bruder Tommy ihre Jagderlebnisse auf 20 verschiedene Wildarten, darunter Leoparden, Löwen und Büffel. Ernest Hemingway zählte sie zu den großen Frauengestalten ihres Jahrhunderts.


Karen Blixen  1914 auf der Löwenjagd, Dinesen, Isak “Letters from Afrika 1914-1931” Picador PAN Books, 1983

Natasha Illum Berg (geb. 1971), dänisch-schwedische Schriftstellerin, Enkelin des Tierfotografen und Jägers Bengt Berg, ist derzeit die einzige Frau in Tansania mit einer Berufsjägerlizenz und als erste Frau Mitglied der African Professional Hunters Association. Ihre Spezialität ist die Büffeljagd. Auch eine legendäre Wilderin sei erwähnt, die der Not gehorchend und nicht aus Lust, aber durchaus mit Passion jagte:

Elisabeth Lackner (1845-1921) vulgo „die Flötenschlag-Staude“, war eine mutige, arme Almbäuerin aus dem Zillertal. Um ihre 9 Kinder (von denen am Ende nur 2 überlebten) auf einem kargen, hochgelegenen Bergbauernhof zu ernähren, kirrte sie die Gämsen am Berghang hinter dem Haus an und erlegte sie vom Fensterbrett aus, sehr zum Ärger der fürstlichen Revierjäger. Das Jagen hatte sie von ihrem Vater gelernt. Die Reihe der berühmten jagenden Frauen ist lang und reicht von Eleanor Roosevelt zu Marion Gräfin von Dönhoff bis zur Königin Elisabeth II von England, die Liste der unbekannten Dianen ist endlos. Kaiser Albrecht I.(+1308 ) soll gesagt haben „die Jagt gebür den Mannen, der Dantz den Weibern“. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Es gibt viele jagenden Dianen, die ihr Handwerk geschickt verstehen, moderne Waffen trefflich gebrauchen und auch ihre Pfeile gezielt setzen.

Heute beträgt der Frauenanteil der ca. 350.000 Jagdscheininhaber in Deutschland mehr als 10 %.

Falknerei – eine „moderne“ Jagdart

Egbert Urbach, Leiter der BJV-Landesjagdschule

Wer glaubt, dass die Falknerei heute nur noch ein Relikt aus vergangenen Zeiten ist, der irrt. Die Falknerei hat in den letzten Jahren einen Aufschwung genommen, der sicher nicht nur mit der Faszination, die von unseren Greifvögeln ausgeht, erklärt werden kann. Sicher, die Beizjagd mit dem Adler, Habicht oder Falken ist Naturerlebnis pur, dient aber oft auch einem bestimmten Zweck. Natürlich kommt man mit der Schusswaffe z. T. schneller zum Erfolg, aber die Freude einen Greifvogel abzutragen, einzujagen und die rasanten Jagdflüge zu verfolgen, in denen man als Falkner nur die zweite Geige spielt, machen dies bei weitem wieder wett. In Bereichen, wo sonst nicht gejagt werden kann, sind oft die Falkner mit ihren Vögeln das Mittel der Wahl um Überpopulationen von Kaninchen, Tauben, Gänsen, Krähen oder Kormoranen nicht nur zu bejagen, sondern auch nachhaltig zu vergrämen. Wenn an neuralgischen Punkten wie in Parks, Schwimmbädern, Industrieanlagen oder Friedhöfen regelmäßig Beizvögel eingesetzt werden, so lernen die unerwünschten Tierarten diese zu meiden.

Gerade bei Vogelarten funktioniert dies recht gut. Auch die effektive Bejagung von Krähe und Kaninchen ist mit Falke, Habicht und Co. durchaus gängige Praxis. Bei der nachhaltigen Bejagung von Niederwildarten wie z. B. Ente, Fasan und Hase, hat die Jagd mit dem Greif ebenfalls einen positiven Aspekt. Als Nahrungsopportunist schlägt er stets zuerst die Beute, welche er mit dem geringsten Energieaufwand erlangen kann. Dies sind im allgemeinen Tiere, die durch Krankheit oder aus anderen Gründen gehandicapt sind. Die Beizjagd ist daher eine sehr selektive Art zu jagen. Falknerei ist also nicht nur eine Jagdart für Individualisten, sondern kann durchaus mit effektivem Nutzen für die Allgemeinheit verbunden sein. … und noch ein Aspekt speziell für das fränkische Gebiet: Wer trinkt nicht gern einen guten Schoppen aus den fränkischen Weinbergen? Trotz der Verdrahtungen zwischen den Rebstöcken ist es unter bestimmten Voraussetzungen durchaus möglich, mit kleineren Greifvogelarten die ungeliebten Starenschwärme zu vergrämen.

Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach und seine Rolle in der Geschichte der Falknerei. Ein – leicht verspätetes – Geburtstagsgeschenk

Dr. Dr. Sigrid Schwenk, Lehrbeauftragte der Universität für Bodenkultur, Wien

Wenn einem die Ehre widerfährt, im fränkischen Raum bei einer jagdlichen Festveranstaltung zur Geschichte der Falknerei sprechen zu dürfen und auch einen Beitrag für die aus diesem Anlass erscheinende Festschrift zu schreiben, gibt es nur ein Zielobjekt, eine Persönlichkeit der Wahl: Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach, der „Wilde Markgraf“, dem es gelungen ist, nicht nur fränkische Geschichte zu schreiben und sich einen Platz ganz oben in der Geschichte der deutschen Falknerei zu sichern, sondern der jetzt – 300 Jahre nach seiner Geburt – dabei ist, sich Weltgeltung auf dem Gebiet der Falknerei zu erobern.

Und so sei auch dieser Beitrag ganz dem im Volksmund oft „Wilder Markgraf“, unter fränkischen Wissenschaftlern liebevoll kurz „CWF“ genannten Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg–Ansbach gewidmet, dessen Geburtstag sich am 12. Mai 2012 zum 300. Mal jährte.


Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach; Quelle: Markgrafenmuseum Ansbach

Vor über 1300 Jahren begannen Jagd und Falknerei im adeligen Leben unseres Kulturkreises eine zentrale Rolle zu spielen – sowohl bei den Adeligen im weltlichen als auch im geistlichen Stande. Dies blieb so in Frankreich bis zur Französischen Revolution von 1789, im deutschsprachigen Raum bis zur 1848er Revolution, in denen jeweils das Jagdprivileg des Adels abgeschafft wurde. Doch bis zu diesen Ereignissen boten Jagd und Falknerei dem Herrscher Möglichkeit, seine Macht und sein Organisationsvermögen zu zeigen und gleichzeitig aus dem oft strengen oder einengenden Zeremoniell des Hofes zu entrinnen, Entspannung und Vergnügen in der Natur zu finden.

Jagdliches und vor allem auch falknerisches Tun bedeutete Freizeit, Muße, Abstand von bisweilen lästigen Amtsgeschäften, vergnüglicher Aufenthalt im Freien unter Gleichgesinnten, seltener auch Rückzug ins „Private“, in die Einsamkeit, bisweilen Flucht vor der aus Staatsraison geheirateten ungeliebten Ehefrau. Bei denen, die das Glück hatten, am oberen Ende der sozialen Leiter zu stehen, wurde im 18. Jahrhundert das Dasein durch ein „barockes Lebensgefühl“ bestimmt: Hochgeschwellte Lust am Leben, an den Künsten, an Erfindungen, an allem, was das Leben angenehm und reizvoll machte; bisweilen schon Gier danach, das Leben mit Farbe, mit Abwechslung, mit Kunst, mit gutem Essen und vor allem mit Vergnügungen zu füllen. Und für den Adel, speziell für den hohen Adel, die Landesherrn, gehörte hierzu in vorderster Linie die Jagd, die Jagd und speziell die Falknerei als herrschaftliches Vergnügen, als hohe Kunst und große Lust: „De arte venandi cum avibus“ –„Von der Kunst, mit Vögeln zu jagen“ – betitelte Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts sein grundlegendes Werk zur Falknerei, das bis in die Gegenwart hinein die „Bibel der Falkner“ bildet – und ganz eng mit dem Leben und Wirken von Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach verbunden ist. Aus heutiger Sicht, aus einer Zeit heraus, in der die Falknerei gesamtgesellschaftlich als eher marginal und unbedeutend eingestuft werden muss, ist faszinierend zu sehen, welch herausragende Position die Falknerei in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts an einer Reihe von adeligen Höfen im deutschsprachigen Gebiet eingenommen hat: Erinnert sei etwa an den österreichischen Kaiser Josef I., der von 1705 bis 1711 regierte, und an seinen Nachfolger, Kaiser Karl VI. (Regierungszeit 1711 – 1740), dessen Schaubeizen im Park des Schlosses Laxenburg vor Wien berühmt waren. Oder an Kurfürst Clemens August, den Fürstbischof von Köln (Regierungszeit 1723 – 1761), einen Wittelsbacher, der in seinen Jagdrevieren rings um Schloss Brühl hervorragende Falknerei bot: Bei ihm war es wohl sein Wittelsbacher Erbe, das ihm diese Lust an der Beizjagd mitgegeben hatte.

Doch intensiver als alle anderen pflegte Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach die Leidenschaft der Falknerei. Nachweislich wurde an keinem anderen Hof so viel Geld für die Falknerei ausgegeben wie am Ansbachischen Hof. Gleich nach seinem Regierungsantritt 1729 fing der 27jährige Markgraf an, sich ein falknerisches Umfeld nach seinen persönlichen Vorstellungen zu schaffen:

1730 beauftragte er seinen Baumeister Carl Friedrich von Zocha damit, ein Falken- und Reiherhaus in Triesdorf bei Ansbach zu errichten, das 1731 von dessen Nachfolger Leopold Retty fertig gestellt wurde. Zugleich begann er, das bestehende Falknercorps aufzustocken, worüber wir so hervorragend Bescheid wissen, weil auf des Markgrafen Veranlassung hin, seinem Sinn für das Archivarische entsprechend, ab 1737 jährlich ein „Hoch-Fürstlich Brandenburg-Onoltzbachischer Adress- und Schreib-Calender“ (Onoltzbach ist der alte Name für Ansbach) erschien, der später den Titel „Hochfürstlicher Brandenburg-Onolzbachischer und Culmbachischer Genealogischer Calender und Addresse-Buch“ erhielt, in dem alle zum Hof gehörenden Personen namentlich mit ihren Dienstbezeichnungen aufgeführt wurden. So ist es möglich, die Mitglieder des Falknercorps namentlich über ihre gesamte Dienstzeit zu verfolgen. Bei der Regierungsübernahme durch Carl Wilhelm Friedrich bestand das Falknercorps aus etwa neun Personen, 1737 aus 18 Personen und auf dem Höhepunkt 1750 aus 51 Personen. Das Falknercorps war in vier Gruppen gegliedert (später kam dann noch eine fünfte dazu), eine Struktur, an der sich modellhaft zeigen lässt, was unter „Falknerei“ zu verstehen ist, wie sie im 18. Jahrhundert optimal ausgerichtet und mit dem Hof verwoben war. Die erste Gruppe bestand aus Hofämtern, die dem Adel vorbehalten waren, in Ansbach in der Regel drei bis fünf Hofbeamte: der Obristfalkenmeister, der Kammerjunker und Falkenmeister, ein Hof- und Falkenjunker (seit 1746), dazu ein bis zwei Falkenpagen – das waren die Adeligen. Dahinter rangierten als zweite Gruppe die Chargen, die aus falknereigeschichtlicher Sicht besondere Bedeutung hatten: Sie waren die hochqualifizierten Spezialisten, sie prägten das Bild der Ansbacher Falknerei. Hier gab es acht Chargen, zunächst (in der Reihenfolge ihres Ranges) den Falkensekretarius, dann den Falkenmeister, den Reihermeister, den Milanmeister, den Krähenmeister, den Meisterknecht, den Leibfalkonier, der dem Markgrafen besonders nahe stand, und letztlich den Falkenmaler. Ansbach leistete sich einen eigenen Maler für die Falknerei – dies ein besonderes Zeichen für das Ansehen und die hohe Position dieses Bereichs am markgräflichen Hof. Bemerkenswert ist, dass neben dem Falkensekretarius und dem Falkenmeister reine Spezialisten am Werk waren, entsprechend dem Wild, auf das vor allen Dingen gebeizt wurde: Der Reihermeister für die Reiher, der Milanmeister für die Milane, der Krähenmeister für die Krähen.

An anderen Höfen kam übrigens meist noch – was es in Ansbach nicht gab – eine Revierpartei auf Wildenten und Wasservögeln dazu. Carl Wilhelm Friedrich hatte offensichtlich nicht so viel Interesse an den Wildenten und Wasservögeln, dass er dafür eine eigene Charge eingestellt hätte. Die dritte Gruppe, die Falkonierknechte, neun bis sechzehn, meist rund fünfzehn an der Zahl, waren diejenigen, die unter den Meistern oder Meisterknechten standen und als Berufsfalkner nun wirklich die Falknerei praktisch auszuüben hatten. Zur Pflege des Nachwuchses richtete Carl Wilhelm Friedrich 1741 eine vierte Gruppe ein, die Gruppe der Falkonierjungen, die mit zwölf Personen begann (das erste Mal erschienen im „Address- und Schreib-Calender“ 1742 die Namen dieser Falkonierjungen), 1750 mit zwanzig Personen ihren Höchststand aufwies und im Todesjahr Carl Wilhelm Friedrichs 1757 immerhin noch aus sechzehn Personen bestand. Damit war sie bis zum Tod des Markgrafen die numerisch stärkste Gruppe des Falknercorps. All dies zeigt, dass Carl Wilhelm Friedrich ganz systematisch versuchte, sein eigenes Falknercorps, und zwar ein vorwiegend fränkisches oder ansbachisches, heranzubilden. Denn als er begann, sein Falknercorps aufzubauen, wollte er natürlich die besten Falkner haben. Die besten Falkner in der damaligen Zeit waren die Flamen, und so hatte er sehr viele Flamen nach Ansbach geholt, die in der Folgezeit das Bild der Ansbacher Falknerei prägten. Später aber versuchte er, dieses Corps zu einem stärker fränkischen Corps umzugestalten, indem er bei den Falkonierjungen nur fränkische Landeskinder hinzu ließ und daneben nur Kinder von bereits in seinen Diensten stehenden flämischen Falknern hereinnahm. Als fünfte Gruppe kamen ab 1755 die pensionsberechtigten Emeriti dazu, anfangs drei an der Zahl: ein Reihermeister, ein Krähenmeister und ein Meisterknecht. Die Strukturierung der Falknerei zeigt an, wie sehr Carl Wilhelm Friedrich an einem genau in seine Zeit passenden absolut systematischen administrativen Aufbau seines Falknercorps lag. Dabei ist nicht zu vergessen, dass in Spitzenzeiten zu den 51 Falknern des Falknercorps noch rund 130 Mitglieder des Jägercorps kamen, und dies macht auch verständlich, dass viel von dem Aufwand, der für die Jagd und die Falknerei getrieben wurde, in die Kosten des dabei beschäftigten Personals ging. Bei der Falknerei betraf mehr als die Hälfte aller Ausgaben das Personal, und zwar vor allen Dingen die Besoldung, die Verköstigung, die Kleidung und die Ausstattung des Personals. Aus Bildern, besonders auch aus dem berühmten Bild des Hofmalers Christoph Anton Hirsch („Ansbachischer Falkenjunge mit zwölf Gerfalken auf der Cage“, um 1750) ist bekannt, wie die Uniform für die Falkner aussah: ein lichtblauer Rock mit roten Aufschlägen, kanariengelbe Beinkleider, weiße Gamaschen und ein schwarzer Dreispitz. Dies alles war natürlich nicht gerade billig: Die Kosten für das Falknercorps beliefen sich in der Periode 1730 bis 1747, also in achtzehn Jahren, auf 452.855 Gulden und 30 ½ Kreuzer – die gute Hälfte davon – wie oben ausgeführt – für das Personal und 1/5 für den Kauf und Unterhalt der Beizvögel.

Dass wir eine so genaue Übersicht über die aufgewandten Kosten haben, ist aus historischer Sicht ein Glücksfall, aber dass wir darüber hinaus genau wissen, was Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg während eines Vierteljahrhunderts im einzelnen erbeizt hat, grenzt fast ans Wunderbare – und ist aus heutiger Sicht schwer nachzuvollziehen. Er, der in seiner Regierungszeit so vieles veranlasste und durchführte (man denke nur an seine Verwaltungsreformen oder an seine intensive Bautätigkeit), der die fränkische Politik seiner Epoche prägend mitbestimmte, der daneben offensichtlich noch viel Zeit in sein Liebes- und auch in sein Familienleben steckte, er erbeizte zwischen 1730 und 1755, das heißt in sechsundzwanzig Berichtsjahren, 34 429 Stück Wild.

Zu unserem Glück hat sich nämlich eine „TABELL wie viel Stuck Ihro Hochfürstl. Durchl. HERR Carl Wilhelm Friederich Marggraf zu Brandenburg=Onolzbach etc. gebaizt haben von Anno 1730 bis letzten Decembris 1755“ erhalten. Darin sind akribisch verzeichnet 34 429 Stück Wild – dies ergibt rechnerisch eine mittlere Jahresstrecke von ziemlich genau 1 324 Stück. Davon waren rund 43% Feldhühner (das heißt Rebhühner) und Wachteln, wobei die Feld- oder Rebhühner den größten Teil ausmachten, 19% Raben- und Saatkrähen, Elstern und Dohlen, 15% Hasen, 12% Reiher, 5,5 % Milane und Weihen, und nur knapp 3% Fasane. Die Wildenten, die Carl Wilhelm Friedrich anscheinend wenig reizten, machten rund 1% aus und das übrige Gelegenheitswild knapp 2%.

Diese Tabelle ist in ihrer Genauigkeit ein einmaliges Zeugnis von der Beizleistung eines Markgrafen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Voraussetzung für diese beeindruckende falknerische Glanzleistung waren nicht zuletzt die Gegend um Triesdorf mit ihrem reichen Wildvorkommen, die Zucht von Reihern im Reihergarten sowie last but not least das hervorragend ausgebildete und organisierte sowie äußerst passioniert agierende Falknercorps. Das Organisationssystem der Falknerei sowie der dokumentierte Beizerfolg lassen uns die Bedeutung der Falknerei in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erspüren – aber auf lange Sicht noch bedeutender und einzigartig war das, was Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach nicht auf der praktischen Seite der Falknerei, sondern im kulturellen Bereich, und hier vor allem im Literarischen, angeregt und in die Wege geleitet hat. In der ersten Aufbauphase des Ansbacher Falknercorps, wahrscheinlich in den Jahren zwischen 1735 und 1739, entstand ein Werk aus der Feder des angesehenen, aus Heilsbronn gebürtigen Ansbacher Juristen und Verwaltungsbeamten Johann Salomon Schülin mit dem Titel: „Von der Fauconnerie. …“ Diese nur als Handschrift überlieferte Abhandlung ist eine umfangreiche Arbeit, in der Schülin alles Mögliche, das er zur Falknerei fand, zusammenfasste.

Weitaus interessanter für die Kenntnis der in Triesdorf gepflegten Kunst der Falknerei ist eine heute unter dem Namen „Ansbacher Beizbüchlein“ bekannte Abhandlung, die ebenfalls nur in einer einzigen, um 1798 gefertigten Abschrift (66 Blätter im Folioformat, geschrieben von einer etwas ungelenken Hand, in blaugemustertem Pappband des 18. Jahrhunderts, ohne Vermerk eines Vorbesitzers in der Handschrift, wohl nicht zur Veröffentlichung oder zur Präsentation bei einem Landesherrn bestimmt) erhalten ist. Der Verfasser ist namentlich nicht bekannt, das Original dürfte wohl zwischen 1743 und 1757, dem Todesjahr von Carl Wilhelm Friedrich, entstanden und als Lehrbuch für das Triesdorfer Falknercorps gedacht gewesen sein.

Dass Markgraf Carl Wilhelm Friedrich die Kunst in seiner Umgebung oft mit Falknereimotiven bereichert hat, ist wichtig, aber nicht so einzigartig, denn auch bei anderen falknereiliebenden Herrschern finden sich häufig Falkenmotive. Doch einzigartig an Carl Wilhelm Friedrich ist, dass er sich so sehr mit der Geschichte der Falknerei beschäftigte und auch seine Untertanen an diesem seinem „Steckenpferd“ teilnehmen lassen wollte – nicht immer zur Freude seiner Untertanen.

So stieß seine Idee, die Bevölkerung dadurch mit der Falknerei vertraut zu machen, dass er in den „Wochentlichen Onolzbachischen Nachrichten“ vom 11. Mai 1740 bis zum 28. Dezember 1741, also immer hin über knapp 1 ¾ Jahre, eine Geschichte der Falknerei – „Historische Anmerckungen von der edlen Falcknerey“ – in Fortsetzungen abdrucken ließ, nicht auf große Gegenliebe. Man stelle sich einmal leibhaftig vor: Die Ansbacher Bürger, die nun eh schon unter der Falknereibesessenheit ihres Markgrafen zu leiden hatten, indem sie hohe Steuern zahlen mussten und sich dabei natürlich ausrechnen konnten, wohin das Geld zum großen Teil floss, hatten – statt sich ausführlich über den alltäglichen Klatsch und Tratsch informieren zu können – in ihrer Wochenzeitung Falknereigeschichte zu lesen!

Die „Historischen Anmerckungen von der edlen Falcknerey“ wurden im Auftrag des Markgrafen von seinem zweiten Schlossbibliothekar, Gottlieb Paul Christ, verfasst. Dieser, in Coburg geboren, studierte in Halle Jurisprudenz, lebte dann als Begleiter eines jüngeren Sohnes des ansbachischen ersten Ministers und Geheimen Ratspräsidenten Freiherrn von Seckendorff auf seiner Kavalierstour in London, Oxford und Paris, war also hochgebildet, als ihn der Markgraf zum Schlossbibliothekar bestellte. So wies er in seinen „Historischen Anmerckungen“ auch darauf hin, dass es ein Falkenbuch „De arte venandi cum avibus“ des Kaisers Friedrich II. von Hohenstaufen gäbe und dass diese lateinische Handschrift 1596 in einer „editio princeps“, d.h. in einer ersten Druckausgabe in einer Humanistenoffizin in Augsburg erschienen sei. Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach müsste nicht die wissensdurstige, zupackende Persönlichkeit und der passionierte Falkner gewesen sein, wenn er sich nicht sofort in seiner Umgebung umgeschaut hätte, wer die „Kavaliersarbeit“ der Übersetzung des lateinischen Textes ins Deutsche erledigen könnte.

Sein „Opfer“ fand er in Johann Erhard Pacius, der – in der Nähe von Rothenburg geboren – in Altdorf und Jena studiert hatte, dann Hauslehrer und schließlich Rektor der Schule und Spitalprediger in Gunzenhausen wurde.

Dieser arme Johann Erhard Pacius wurde von Carl Wilhelm Friedrich im wahrsten Sinn des Woprtes „verdonnert“, Kaiser Friedrichs II. von Hohenstaufen „De arte venandi cum avibus“ zu übersetzen und ihm vorzulegen. Pacius beklagte sich heftig in der Vorrede zu seiner 1756 in Onolzbach unter dem Titel „Friederich des Zweyten Römischen Kaisers übrige Stück der Bücher Von der Kunst zu Beitzen, Nebst den Zusätzen des Königs Manfredus aus der Handschrift herausgegeben. Albertus Magnus Von den Falcken und Habichten“ erschienenen Übersetzung, dass er sehr wohl Predigten in Latein verfassen könnte und dies auch gern täte, dass diese Übersetzung aber eine fürchterliche Sache gewesen sei. Er verstünde zwar sehr gut Latein, aber er verstünde nichts von der Falknerei, und damit der deutsche Text nicht „lateinischer“ (das heißt: unverständlicher) als die lateinische Vorlage würde, wäre er hinaus gegangen zu den Falknern und hätte sich erklären lassen, wie sie alle diese Dinge fachmännisch bezeichneten, in der Hoffnung, letztendlich doch ein verständliches Buch vorlegen zu können. Dies hat der brave Pacius auch wirklich zu Stande gebracht: Noch heute verwenden eine große Zahl von Falknern den „Pacius“ – die erste deutsche Übersetzung der „Falknerbibel“ Friedrichs II. von Hohenstaufen – als Lehrbuch, allerdings nicht in einem heute sündhaft teueren und so gut wie nicht mehr zu erwerbenden Original, sondern in einem vom „Deutschen Falkenorden“ 1994 herausgegebenen Reprint. In den letzten Jahren hat die von Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach veranlasste deutsche Übersetzung von Friedrichs II. „De arte venandi cum avibus“ nochmals eine besondere Rolle in der Geschichte der Jagd und der Falknerei bekommen: Ist sie doch ein gewichtiger Faktor bei der Anerkennung der Falknerei als „Immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO“, wie sie derzeit im deutschsprachigen Raum von Österreich mit großem Erfolg betrieben wird. Dies heißt, dass nun der fränkische Markgraf mit seiner großen Liebe zur Falknerei (und zur Jagd) Weltgeltung in der Geschichte der Jagd und der Falknerei erhält – eine Ehre, die Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach sicher mit Freuden und als willkommenes Geschenk zur 300. Wiederkehr seines Geburtstags annehmen würde.

Von der Eiszeit bis zur Moderne: Jagdmusik – ein zeitloses Kulturgut

Wenn man die Zusammenhänge der beiden Begriffe Musik und Jagd in ihrer Grundbedeutung erfassen und verstehen will, muss man bis in graue Urzeiten menschlicher Existenz zurückforschen, in eine Zeit, in der die Jagd schlichtweg Lebensgrundlage war. Man verständigte sich auf der Jagd, die wohl von mehreren Jägern ausgeübt wurde, mit Zwischenrufen. Diese bestanden aus mehreren Silben. In der Mittelhochdeutschen Dichtung finden sich derartige „Jagdrufe“ (J. Pöschl meint, dass das „Horrido“ aus dem Alt- bzw. Mittelhochdeutschen „Ho-Rüd-ho!“ entstanden ist).

Die menschliche Stimme bediente sich also schon weit vor den Instrumenten, die nur eintönige Laute von sich gaben, verschiedener Intervalle. Frühe Kunde von Knochenflöten aus der Eiszeit beweisen die Verwendung von so genannten Instrumenten zur Jagdausübung. Auch bei den Etruskern fand man Arten von Flöten, die zur Jagd benutzt wurden. Zur Fertigung solcher Instrumente dienten die Hörner von Gazellen oder Springböcken. Auch ausgehöhlte Mammutzähne fanden zur Signalgebung Verwendung. In diesen instrumentalen Anfängen aber ist der Begriff Jagdmusik, wie er in historischem Zusammenhang gebraucht wird, noch irrelevant.

Die Griechen und die Römer verwendeten Jagdmusiken im Zusammenhang mit kultischen Handlungen. Einen Nachweis für die jagdliche Verwendung gibt es aber noch nicht.

Französische Wissenschaftler fanden heraus, dass sich die Verwendung verschiedenster Jagdsignale bis zum Ende des 13. Jahrhunderts nachweisen lassen. Auch verschiedene Lehrbücher bestätigen dies. Im 16. Jahrhundert finden sich schon Jagdsignale wie „Aufbruch zur Jagd“, „Aufschrecken des Wildes“, „Sicht“, „Falsche Spur“, „Fröhliche Jagd“, „Wild tot“ und auch „Jäger verirrt“, was wiederum auf die gewaltigen Jagdflächen Schlüsse ziehen lässt.

Die Fortentwicklung des Jagdhorns eröffnete allmählich einen breiteren Tonumfang, der durch Grifflöcher und -klappen bald die gesamte Tonskala erreichte.

Zum Ende des 17. Jahrhunderts wurde dann das „Hiefhorn“ (im Sprachgebrauch und in der Dichtung oftmals als Hifthorn bezeichnet) durch das gewundene Jagd- und Waldhorn aus Metall verdrängt. Auch das große Parforcehorn kam mit dieser Jagdart aus Frankreich nach Deutschland. Die Jagdmusik, die in der Barockzeit mehr als „Unterhaltungsmusik“ zu jagdlichen Festen praktiziert wurde, erlebte aber durch diese höfischen Festlichkeiten eine völlig neue Bedeutung, um nicht zu sagen einen Höhepunkt. Hier seien aus der Vielzahl hochkarätiger Kompositionen nur die Ouvertürensuits „La Chasse“ von G. H. Telemann, A. Vivaldis jagdliche Musik aus den „Vier Jahreszeiten“ oder J. S. Bachs Kantate „Was mir behagt ist nur die muntre Jagd“ genannt.

Ganz „tonmalerisch“ lässt es Leopold Mozart in seiner „Jagd-Sinfonie“ mit Gewehrschüssen krachen, um eine vorbeiziehende Jagd erleben zu lassen. Auch in der Wiener Klassik finden sich großartige Schöpfungen, die das jagdliche Geschehen darstellen, etwa in J. Haydens Sinfonien „La Chasse“ oder „Mit dem Hornsignal auf dem Anstand“ sowie in seinem Oratorium „Die Jahreszeiten“. In vollendeter Form aber auch in den „Hornkonzerten“ von W. A. Mozart. In der Romantik finden sich Jagdmusiken in nahezu allen musikalischen Formen, in der Oper, im Kunstlied, in der Sinfonischen Dichtung, ja sogar in den großen Symphonien: Anton Bruckners „Vierte“, „Der Freischütz“, „Wilhelm Tell“, sowie in Liedkompositionen von Brahms, Hugo Wolf, Carl Loew, Franz Schubert und viele mehr.

In der spätromantischen Phase, als Transfer zur Musik der neueren Zeit, setzt Cesar Franck mit seiner Sinfonischen Dichtung „Chasseur maudit“ ein deutliches Signal für die Einbeziehung jagdlicher Melodik in die erweiterte Harmonik dieser Übergangsphase in die Neue Musik. Die scheinbare Diskrepanz zwischen traditioneller und Neuer Musik, die de facto wohl existiert, haben Komponisten der Gegenwart eher motiviert als schockiert, auf die Jagd bezogene Musik in ihren Werken am Leben zu erhalten, ja sogar substantiell zu verwerten.

Das dritte der sechs Quartette für vier Hörner ist mit „La Chasse“ betitelt. Jagdszenen finden sich auch im „Wozzek“ von Alban Berg in dem Strophenlied „Das ist die schöne Jägerei“. Sogar Werner Henze widmet in seiner Oper „König Hirsch“ eine Szene der Jagd. Musik zur Jagd, wo und wann immer auch entstanden, ist also ein fester Bestandteil unseres Kulturgutes Musik in einer gewaltigen historischen Entwicklung geworden. Sie hat alle Strömungen durch die Jahrhunderte der Menschheitsgeschichte überdauert und wird auch in der Zukunft nicht nur den Jäger, sondern alle Menschen, die sich der Natur verbunden fühlen, Freude und Genugtuung bereiten.

Streifzug durch Geschichte und Gegenwart der Jagdhunde

Dr. Sigrid Krieger-Huber

„Der Hund ist die merkwürdigste, vollendetste und nützlichste Eroberung, die der Mensch jemals gemacht hat“ (Georges de Cuvier). Kein Tier wurde von seiner Urform, dem Wolf, so sehr auf den Menschen zugeschnitten wie der Hund, kaum ein Tier wurde so viel erforscht, beschrieben, dargestellt, so vielseitig gezüchtet und verzüchtet und als Begleiter des Menschen so geschätzt, wie der „domestizierte Wolf“, dessen Vorfahren heute noch gejagt werden. Ob als Wachhund, Hirtenhund, Kampfhund, Familienhund, Suchhund, Blindenführhund, Begleithund oder als Gefährte bei der Jagd, am Anfang war der Wolf.

Nach neuesten Forschungen soll der Mensch den Wolf als erstes Tier überhaupt bereits vor mehr als 35 000 Jahren domestiziert haben. Von seinem hohen Stellenwert zeugt eine Überlieferung, in der es heißt, ein junger Assyrerkönig sei „sorgfältig wie ein junger Hund“ aufgezogen worden. Im alten Ägypten wurde der Hund heilig gehalten. Auch die Griechen befassten sich mit den Jagdhunden. 300 Jahre vor Christus verfasste der jagdbegeisterte Sokrates-Schüler Xenophon das Werk „Kynergetikos“, die älteste bekannte Abhandlung über die Zucht und Dressur des Jagdhundes.

Als die Jagd bis Mitte des 19. Jahrunderts noch Privileg der Herrscher und Grundherren war, oblag es den Pächtern, Klöstern oder Lehensleuten, die Jagdhunde für ihren Herrn zu züchten, auszubilden, für die Jagd bereit zu stellen und zu führen. Damit das herrschaftliche Wild nicht beunruhigt oder gejagt wurde, war es den einfachen Bauern und Leibeigenen oft unter Strafe verboten, Hunde zu halten. Ludwig XV. von Frankreich (1710-1774)unterhielt nicht nur berühmte Zwinger mit hunderten von Jagdhunden, er ließ auch seine besten Hunde vom Hofmaler J.B. Oudry portraitieren. Der Kurbayerische Hof unterhielt im Jahr 1726 rund 2000 Jagdhunde, vorwiegend Windhunde, zur Hetzjagd. Da man den Wert eines guten Jagdhundes hoch schätzte – er war die andere Hälfte des Jägers – trugen diese zum Schutz vor gefährlichem Wild, wie Bär, Wolf, Sau und Hirsch, oft gepanzerte und wattierte Anzüge und Stachelhalsbänder.

Und damit es den Hunden auch an nichts fehlte, empfahl Carl von Heppe, erster Forstmeister von Zwiesel im Bayerischen Wald in seinem literarischen Werk über den Leithund (1751), dem jagenden Hund neben Brot auch gekochte, zerriebene Krebse zu füttern. Auf der jährlichen Bärenjagd der Bayerischen Herzöge im 17. und 18. Jahrhundert im Bayerischen Wald wurde extra für die Kammerhunde von einem Bäcker aus Grafenau Brot gebracht.

Den scharwerkpflichtigen Bauern blieb man beim Bau der herzoglichen Jagdhäuser allerdings manchmal das übliche tägliche Scharwerkbrot schuldig. Bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. bildeten sich allmählich die speziellen Merkmale der verschiedenen Hunderassen heraus. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich so die Hauptgruppen der Spezialrassen, die Packer, Lauf- und Hetzhunde, die Such-, Vorsteh-, Bau- und Vogelhunde. Letztere fanden vor allem bei der Beizjagd Verwendung. Für die Jagd auf großes und gefährliches Wild wurden Packer, Doggen oder auch Wolfhound eingesetzt. Zu ihren Vorfahren sollen die großen Kampfhunde gezählt haben, die von den Kelten, Germanen, Römern und in Vorderasien für Kriegszwecke verwendet wurden. Rudelweise sollen sie in die feindlichen Linien eingedrungen sein, um Verwirrung zu stiften und die feindlichen Krieger kampfunfähig zu machen. Noch im Mittelalter wurden sie abgerichtet, die Pferde der Gegner – wenig ritterlich – in die Beine zu beißen. Zur Jagd auf Bären, Wölfe, Keiler und Hirsche wurden die Packer an den Fürstenhöfen gehalten, wo die schönsten und stärksten als Kammerhunde mit prächtigem, vergoldetem Halsband neben dem Bett ihres Herrn und die Leibhunde mit silbernem Halsband vor der Tür des Schlafzimmers wachen durften. „Er wird sein Leben für dich lassen“! Die übrige Meute trug einfache eisenbeschlagene oder breite Lederhalsbänder.

Zu einer der ältesten Jagdhunderassen gehören die Bracken, die sich durch eine feine Nase, eisernen Spurwillen und lockeren Spurlaut auszeichnen. Ihre Aufgabe ist es, der gesunden Fährte des Wildes mit tiefer Nase lautgebend zu folgen, es dem Jäger zuzudrücken sowie krankes Wild zu suchen und zu finden. Hauptvertreter sind die Deutsche Bracke, die Brandlbracke, die Alpenländische Dachsbracke, die steirische Rauhhaarbracke und die Tiroler Bracke.

Die Schweißhunde sind Abkömmlinge der Bracken und die eigentlichen Spezialisten auf der Wundfährte. Gute Hunde vollbringen manchmal unglaubliche Leistungen auf tagealten Wundfährten. Vertreter dieser wildscharfen Rasse sind der Bayerische Gebirgsschweißhund und der Hannoversche Schweißhund. Die Stöberhunde haben ihren Einsatz beim Stöbern, Buschieren, Verlorenbringen, bei der Wasserarbeit und Schweißarbeit. Selbständiges Arbeiten und Spurlaut sind unverzichtbar. Vertreter der Gruppe sind die Wachtelhunde, sowie die Cocker -und Springer-Spaniel.

Der „Allrounder“ unter den Jagdhunden ist der Vorstehhund. Xenophon beschreibt 400 v.Chr. Hunde „die es nicht wagen, zu einem Hasen hin zu gehen, sondern stehen bleiben und zittern, bis der Hase sich rührt.“ Und ein Kenner meint: „Bewunderungswürdig sind die Eigenschaften, welche die Natur mit ausgezeichneter Freigiebigkeit diesem Tier verliehen hat“.

Der Vorstehhund wird bei der Feld-, Wald- und Wasserarbeit eingesetzt, ist ein sehr guter Verlorenbringer, steht sicher vor und soll eine angewölfte Raubwild- und Raubzeugschärfe haben. Schwere Prüfungen in Feld, Wald und Wasser decken die gesamte Palette der Einsatzmöglichkeiten ab und geben wichtige Hinweise auf den Zuchtwert des Hundes. Die bekanntesten Vertreter dieser Gruppe sind der Deutsch Drahthaar, Deutsch Kurzhaar, Deutsch Langhaar, Pudelpointer, Griffon, der Kurzhaar- und Langhaar-Weimaraner, der große und kleine Münsterländer, der ungarische Viszla, in England der Pointer und die Setter und in Frankreich der Epagneul Francais.

Ursprünglich aus Nordamerika, aber über England kommen die Retriever, die als Apportierspezialisten und für die Wasserarbeit gezüchtet wurden. Ihr legendärer Ruf als Schwimmer, ihre Apportierfreudigkeit und das freundliche Wesen machen sie samt ihrer Jagdpassion zu liebenswerten Begleit- und Familienhunden. Auch als zuverlässiger Blindenführhund und Drogen-Suchhund wird der Retriever eingesetzt. Wichtigste Vertreter sind der schwarze, der gelbe und der braune Labrador, sowie der Golden und der Flatcoated Retriever.

Als Wasserspezialist wird auch der seltenere amerikanische Chesapeake-Bay-Retriever geschätzt.

Eine kleine, aber zähe Truppe sind die Erd- und Bauhunde, die sich durch Mut, Schärfe, Härte und Wendigkeit auszeichnen. Ihr Einsatzgebiet ist die Baujagd auf Fuchs und Dachs, aber auch die Stöberjagd, sowie die Wasser- und Schweißarbeit gehören zu ihrem Repertoire. Vertreter sind der passionierte Dackel in den Varianten Kurzhaar, Rauhhaar und Langhaar, der robuste, wild-und raubzeugscharfe Terrier in den Varianten Foxterrier, Jagdterrier, Jack Russel Terrier und Parson Russel Terrier.

Interessant sind einige Spezialrassen mit besonderen Einsatzgebieten, wie z.B. der Norwegische Elchhund, der den Elch finden und ihm auf große Distanz folgen muss. Er darf nur Standlaut geben und soll wieder verstummen, wenn sich der Elch in Bewegung setzt. Aus dem Orient stammt der Saluki, ein eleganter Windhund für die Jagd auf Hasen und Antilopen, ein „Geschenk Allahs“! Um ihm in der heißen Wüste lange Hetzen zu ersparen, wird er auch im Sattel seines Reiters mitgenommen.

Seit tausenden von Jahren lebt der Hund mit dem Mensch, beschützt ihm Leib und Leben, Hab und Gut, ist sein Helfer auf der Jagd oder begleitet ihn einfach nur beim Spaziergang. Was sind die bewundernswerten Eigenschaften, die sensiblen Fähigkeiten, die wir an unseren treuen Begleitern so schätzen? Ihre Klugheit, die Anhänglichkeit, die Treue, die Führigkeit, der Gehorsam, die Lust an der Arbeit, der Spurwille, die Nase, die Härte, der Mut, der Schutztrieb, die feine Nase, die Passion, das fröhliche Wesen? Wie Xenophon schon im 3. Jhd.v.Chr. sagte: „Erfindungen von Göttern sind Jagd und Hunde!“