Schmetterlinge im eigenen Garten

Was können wir tun?
Wer möchte nicht in seinem Garten eine fröhliche Oase schaffen für die farbenfrohen Gaukler der Lüfte? Reicht es, einfach ein paar attraktive Blumen zu pflanzen, die dann die Schmetterlinge von weither anziehen? Nein, denn sie verbringen, wie alle anderen Insekten auch, nur einen kleinen Teil Ihres Lebens als nektarsaugende Flieger. Ja, einige nehmen in dieser Phase gar keine Nahrung zu sich. Kopula und Eiablage erfolgen meist recht schnell nach dem Schlupf. Insekten nach der Eiablage durch irgendwelche Blumenwiesen länger am Leben zu erhalten, das ist für die Arterhaltung unwichtig. Wir müssen also einen Lebensraum schaffen, in dem die Tiere sowohl als Ei, Raupe, Puppe und Falter Schutz und Nahrung finden. So können wir sie langfristig im Garten halten.

Wer Schmetterlinge liebt, muss Raupen mögen
Zum perfekten Schmetterlingsgarten gehören nicht nur Nektar-, sondern auch Futterpflanzen. Im Raupenstadium ernähren sich die Tiere nämlich von Blättern anderer Pflanzen und sind dabei recht wählerisch. Wir können den Tisch nicht für alle 185 farbenfrohe Tagfalter in Bayern decken, aber es gibt Arten, die unsere Einladung gerne annehmen. Ganz von selber kommt der Kohlweißling, dessen gefräßige Raupen ungefragt unseren Gemüsegarten heimsuchen. Den brauchen wir nicht zu fördern.
Hingegen lohnt es sich, in einer Ecke auf magerem Boden ein paar Brennnesseln wachsen zu lassen. Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs, Admiral und Landkärtchen ernähren sich im Raupenstadium ausschließlich von den Blättern der Brennnessel.

Gartenparadies für Schmetterlinge
Die gute Nachricht: Wer möchte, dass es im eigenen Garten mehr flattert und krabbelt, darf sich bei der schweißtreibenden Gartenarbeit etwas zurückhalten. «Leben und leben lassen» heißt die Devise. Bitte pflanzen Sie vor allem einheimische Sträucher und Wildblumen. Denn Schmetterlinge fliegen nur, wenn der Tisch reich gedeckt ist. Pflanzen wie Wilde Möhre, Flockenblume, Kartäuser-Nelke und Hecken mit Weiden, Schwarzdorn und Schneeball verwandeln jeden Garten in ein Paradies für Schmetterlinge.
Bei der Gestaltung eines Gartens sind keine Grenzen gesetzt, es gilt aber: Je natürlicher und wilder, desto besser. Die Blütezeit der ausgewählten Pflanzen sollte sich möglichst von Februar bis Oktober – also über fast das ganze Jahr – erstrecken. Wählen Sie violette Blüten. Sie ziehen Schmetterlinge fast magisch an, weil diese Farbe das UV-Licht stärker reflektiert.
Alles was uns Menschen gut schmeckt, zieht auch Schmetterlinge an: Küchenkräuter wie Schnittlauch, Basilikum, Petersilie, Dill, Rosmarin, Thymian, Oregano, Minze, Estragon und Liebstöckel.

Der traditionelle Garten
Erziehung, Konditionierung und Sozialisation liefern uns Vorstellungen und Glaubenssätze, die in unserem Unterbewusstsein gespeichert sind. Sie leiten uns in unserem Alltag, so auch bei der Gartengestaltung.
Die Werbung zeigt Garten-Idealbilder: in erwärmten Treibhäusern hochgezüchtete Blumen, Millimeter genau geschnittene Hecken und kunstvoll getrimmten englischen Rasen sowie Beete in Reih und Glied.
Zudem glauben wir den Personen, welche Gartenarbeit als «Krampf», Unkräuter als Plage und Schädlinge als Pest sehen.

Der Garten der Zukunft
Ein Blick in naturnahe Gärten offenbart, dass eine bunte Blumenwiese, Totholz-Asthaufen, offene Bodenflächen und Wildstrauchhecken ästhetisch sind. Sogenannte Unkräuter wie die Brennnessel, die strahlenlose Kamille, das Ackervergissmeinnicht, die wilde Malve, die Acker-Kratzdistel sind nicht nur schön, sondern auch wertvoll für Mensch und Tier.
Sogenannte Schädlinge richten nicht nur Schaden an, sondern haben alle eine wichtige Aufgabe im gesamten Ökosystem. Insekten dienen Vögeln, Fröschen und Fledermäusen als Nahrung. 85% der menschlichen Nutzpflanzen hängen zum Beispiel von der Bestäubung durch (Wild)-Bienen ab.
Naturgärten locken nicht nur Schmetterlinge, sondern auch die direkt für unsere Nahrung wichtigen Wildbienen an.
Schließlich kann das Arbeiten im naturnahen Garten eine große Freude sein, die einen erdet, Erholung bringt und zudem lehrreich ist.

Kommt der Schwalbenschwanz in Ihren Garten?
Auch wer schon lange keinen gelb-schwarzen Ritterfalter mehr in seinem Garten gesehen hat, kann ihn anlocken. Rezept: Man pflanze einen oder mehrere Fenchel, am besten einen mehrjährigen Gewürzfenchel, an einem sonnigen Platz. Im Juli, wenn er blüht, bläst der Wind den Blütenstaub weit durch die Gegend. Schwalbenschwanz-Weibchen erkennen diesen Duft kilometerweit, fliegen der Quelle entgegen und legen dann ihre Eier auf die Pflanze. So haben wir bald kleine gefrässige Räupchen, die sich mehrmals häuten und dann verpuppen. Wann schlüpft nun der Schmetterling? Das hängt stark vom Wetter, von der Temperatur ab. Lassen Sie sich überraschen!

Selber Raupen geschützt aufziehen?
Viele Raupen fallen den natürlichen Freßfeinden zum Opfer. Vögel, Fledermäuse, Eidechsen, Igel und andere Tiere vertilgen diese Leckerbissen. Das gehört zum Kreislauf der Natur.
Setzen wir die Futterpflanze im Topf samt Raupen in einen Netzbehälter, in ein sogenanntes Aerarium, dann können sich die Raupen ungestört entwickeln. Sie verpuppen sich darin, und bald einmal können wir die ersten eigenen Schmetterlinge freilassen. Klar: für die Erhaltung der Arten bringt es nichts, weil wir damit die Qualität des Lebensraums nicht verbessern.
Die Zucht hat aber auch positive Seiten. Eine Schmetterlingsraupe aufziehen, ihr beim Verpuppen zuzuschauen und das Ausschlüpfen des fertigen Schmetterlings zu beobachten, ist spannend und lehrreich, eine wirklich sinnvolle Aktivität, auch für Kinder.

 

Marc de Roche

Der Berner Schmetterlingszüchter Marc de Roche alias Papa Papillion tritt als Lobbyist der Schmetterlinge auf. Nicht wissenschaftlich trocken, sondern fröhlich aber leidenschaftlich – immer im Interesse einer bedrohten Tierart.

https://www.papapapillon.ch/