Borna-Viren

Zwei Todesfälle in Bayern durch seltenes Borna-Virus

Lange war die Bornasche Krankheit nur von Nutztieren bekannt. Erst 2009 wurde das Virus auch im menschlichen Organismus nachgewiesen. Das Borna-Virus kann beim Menschen eine tödliche Gehirnentzündung auslösen. Die Nachweisrate ist niedrig, pro Jahr werden im Schnitt zwei Infektionen in Deutschland bekannt, die Dunkelziffer soll aber um einiges höher liegen. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) teilte mit, dass in Bayern in diesem Jahr zwei Menschen gestorben sind, deren Tod im Zusammenhang mit einer Borna Disease Virus 1 (BoDV-1) -Infektion steht.

Borna-Viren

Bis vor wenigen Jahren war vor allem das „klassische“ Borna-Virus, das Borna Disease Virus-1 (BoDV-1, auch Mammalian 1 Orthobornavirus) als Erreger der sogenannten Bornaschen Krankheit oder Borna-Krankheit bei Pferden und Schafen bekannt. Im Jahr 2015 wurde ein neuartiges Virus bei mittelamerikanischen Hörnchen – Bunt- und Schönhörnchen – entdeckt, das Bunthörnchen-Borna-Virus- 1 (variegated squirrel bornavirus, VSBV-1, Mammalian 2 Orthobornavirus). Beide Borna-Virus-Arten können auf den Menschen übertragen werden und zählen daher zu den Zoonose- Erregern. Nach dem Auftreten von tödlich verlaufenden Gehirnentzündungen (Encephalitis) bei drei Züchtern von Bunthörnchen in Sachsen-Anhalt zwischen 2011 und 2013 wurden umfangreiche Untersuchungen zu einer möglichen infektiösen Ursache am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) durchgeführt. Den Hinweis auf ein neuartiges Virus lieferten sowohl Proben der Zuchttiere als auch Gehirnproben der verstorbenen Patienten. Es ist wahrscheinlich, dass die Infektionen der drei Bunthörnchen-Züchter über Biss- oder Kratzverletzungen verursacht wurden. Im Frühjahr 2018 erkrankten zwei Patienten an einer schweren Hirnentzündung. Als Organempfänger waren sie wahrscheinlich bei der Übertragung von Organen eines infizierten Spenders mit dem Virus infiziert worden.

Erkrankungen beim Tier und Menschen

Das Borna-Virus führt beim Pferd sowie beim Schaf zu einer Meningoenzephalitis (Gehirn- und Gehirnhautentzündung), die in der Regel tödlich ist. Selten können auch Rinder, Kaninchen und andere Säugetiere betroffen sein. Tiere, die an der Bornaschen Krankheit leiden, entwickeln motorische Störungen und sind verhaltensauffällig. Bei Pferd und Schaf sind vor allem eine gesenkte Kopfhaltung, ein Absondern von der Herde, Leerkauen und Speicheln sowie im späten Stadium Festliegen und Ruderbewegungen in der Literatur beschrieben.

Beim Menschen geht die Erkrankung einher mit Fieber und starken Kopfschmerzen, gefolgt von schwerwiegenden neurologischen Symptome wie Sprach- und Gangstörungen und führt im weiteren Verlauf innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen zum Koma. Ärzte vermuten, dass sogar jeder dritte Mensch in Deutschland das Virus in sich trägt – es allerdings nur in sehr seltenen Fällen ausbricht, beispielsweise als Folge einer Immunschwäche oder von starkem Stress. Insbesondere langanhaltende negative Belastungen können den Ausbruch begünstigen. Das ist das Tückische an der Erkrankung – sie äußert sich häufig durch psychische Probleme, Verhaltensänderungen und emotionale Störungen, die nicht gleich mit einer Virusinfektion assoziiert werden. Forscher des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) und der Universität Regensburg gehen sogar so weit zu behaupten, dass in den vergangenen Jahren weit mehr Menschen an einer Infektion mit dem klassischen Borna-Virus gestorben sind als bisher bekannt wurde.

Wie erfolgt die Übertragung?

Das bisher einzige bekannte Reservoir des Erregers stellt die Feldspitzmaus dar. Es ist nicht bekannt, ob auch die verwandte Garten- und die Hausspitzmaus BoDV-1 übertragen können. In der Mehrzahl der Fälle ist von einer Ansteckung durch direkten Kontakt (Naturliebhaber?, Landwirte?, Katzenbesitzer?….) mit einer infizierten Feldspitzmaus bzw. indirekt über ihre Ausscheidungsprodukte (Urin, Kot oder Speichel) auszugehen. Mögliche Infektionswege sind auch die Aufnahme der Viren über verunreinigte Lebensmittel oder Wasser oder das Einatmen über kontaminierten Staub.

Der genaue Übertragungsweg ist jedoch noch unbekannt. Eine Übertragung auf natürlichem Wege von Mensch zu Mensch, Pferd zu Pferd oder Pferd zu Mensch wird nach den heutigen Erkenntnissen ausgeschlossen. Meist gelangt das Borna-Virus über die Nasenschleimhäute erstmals in den Körper, wo es sich über die Nervenfasern ausbreitet und „dauerhaft“ verbleibt. Ein Infektionsrisiko besteht möglicherweise vor allem bei Aktivitäten im Freien, wie z.B. bei Gartenarbeiten, auf der Jagd, bei Arbeiten in der Land- und Forstwirtschaft oder im Bauwesen.

Zu den Risikogebieten in Deutschland gehören vor allem Bayern, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen. In diesen Gebieten wurden Borna-Virus-Infektionen bei Nutztieren vermehrt nachgewiesen bzw. sind Feldspitzmäuse vermehrt Virusträger. Die Information ist vor allem für Patienten mit schwerwiegenden neurologischen Erkrankungen in diesen Regionen relevant, denn hier sollte das Virus als mögliche Ursache berücksichtigt werden.

Wie lassen sich Infektionen verhindern?

Angesichts der geringen Anzahl bekannter Infektionen ist die Infektionswahrscheinlichkeit insgesamt gering. Das Risiko einer Infektion lässt sich reduzieren, indem der Kontakt zu Spitzmäusen und deren Ausscheidungen vermieden wird, dazu gehört vor allem, dass lebende oder tote Spitzmäuse nicht mit bloßen Händen berührt werden sollten. Halten sich Spitzmäuse im häuslichen oder Arbeitsumfeld auf, sollten sie zum „Abwandern“ animiert werden, indem man ihnen ihre Nahrungsquelle entzieht, die sich z.B. im Außenbereich über ausgelegtes Hunde- oder Katzenfutter darstellt. Allerdings ziehen Komposthaufen oder andere Abfallhaufen aufgrund ihres oftmals reichen Angebots an Insekten nicht nur die Insektenfresser Igel an, sondern auch ihre Verwandten, die Spitzmäuse.

Die richtige „Therapie“

Einmal in den Körper gelangt, verbleibt das Virus dauerhaft im Körper, ist jedoch nicht immer aktiv. Eine Infektion lässt sich nur „behandeln“, indem die Vermehrung der Viren unterdrückt und das Immunsystem aufgebaut wird. Ferner gilt es, Stress so gut es geht zu vermeiden. Bisher wurden 14 Fälle zwischen 1999 und 2019 in Bayern festgestellt. Der jüngste bekannte Borna-Fall, bei dem ein elfjähriges Mädchen starb, wurde auf Ende 2019 datiert. Nun wurde dieser Fall durch die beiden aktuellen Fälle „abgelöst“. Um eine bessere Datenlage zum Vorkommen der Infektion beim Menschen zu schaffen, trat zum 1. März 2020 eine Meldepflicht in Kraft.

Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) für die Beseitigung von toten Spitzmäusen und Reinigung

Tote Spitzmäuse im Wohn- oder Arbeitsumfeld (z.B. weil eine Katze diese ins Haus mitgebracht hat) sollten sicher beseitigt und kontaminierte Flächen (Böden, Arbeitsflächen und andere Oberflächen) sorgfältig mit Haushaltsreiniger gereinigt werden. Dabei sollten Gummihandschuhe und bei Staubentwicklung ein eng anliegender Mundnasenschutz getragen werden. Tote Tiere werden am sichersten mit einer umgestülpten Plastiktüte aufgenommen und anschließend über die Restmülltonne entsorgt. Um zu vermeiden, dass bei der Entsorgung virusbeladener Staub aufgewirbelt wird, kann man das Tier auch erst mit einem handelsüblichen Reiniger besprühen. Nach staubigen Arbeiten sollte sofort eine Dusche genommen, die Haare gewaschen und benutzte Arbeitskleidung ebenfalls gereinigt werden.